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BGE 78 II 190 et seq.

Title
BGE 78 II 190 et seq.
Content

190

37. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Juni 1952 i. S. Müller gegen Kistler und Obergericht des Kantons Zürich.

Internationales Privatrecht.

Darlehensgeschäft, abgeschlossen in Deutschland zwischen damals dort ansässigen und seither in die Schweiz übergesiedelten Parteien schweizerischer und deutscher Staatszugehörigkeit, mit Vereinbarung, die in Reichsmark gewährte Darlehenssumme in Schweizerfranken in der Schweiz zurückzuzahlen.

Bestimmungen des anwendbaren Rechts

Droit international privé.

Contrat de prêt, conclu en Allemagne entre un Suisse et un Allemand, alors établis en Allemagne et depuis établis en Suisse, les parties étant convenues que le prêt accordé en marks serait remboursé en Suisse en monnaie suisse.

Détermination du droit applicab1e.

Diritto internazionale privato.

Contratto di mutuo concluso in Germania tra uno Svizzero e un Tedesco, domiciliati allora in Germania e poi trasferitisi in Isvizzera, 1e parti avendo stipulato che il mutuo concesso in marchi sarà rimborsato in Isvizzera in moneta svizzera.

Determinazione deI diritto applicabile.

Im Jahre 1947 empfing Franz Müller von Franz Kistler in Konstanz verschiedene Darlehen im Gesamtbetrage von RM 14,200.-. Es wurde Rückzahlung in Schweizerfranken in der Schweiz vereinbart.

Nachdem beide Parteien Wohnsitz in der Schweiz genommen hatten, wurde Müller durch Kistler auf Bezahlung von (zum Kurse 100 RM = 25 Fr. umgerechneten) Fr. 3380.- nebst 5 % Zins seit 1. Januar 1949 belangt. Im Laufe des Prozesses reduzierte der Kläger, mit Rücksicht auf die mit dem Kontrollgesetz vom Juli 1948 geschaffene Währungsreform in Deutschland und den veränderten DM-Kurs, seine Forderung auf Fr. 1321.-. Der Beklagte hatte von Anfang an eine Schuld von Fr. 114.- anerkannt. Das Bezirksgericht behaftete ihn dabei, sprach ausserdem Zins seit 24. April 1950 zu, und wies im übrigen die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich schützte mit Urteil vom 7. März 1952 die Klage für Fr. 1207.- nebst 5 % Zins von Fr. 1321.- ab 24. April 1950. Es 191 brachte im Gegensatz zum Bezirksgericht nicht schweizerisches, sondern deutsches Recht zur Anwendung.

Die vom Beklagten gemäss Art. 68 lit. a OG erhobene zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde heisst das Bundesgericht gut, aus nachstehenden

Erwägungen :

1. - Nach neuer Praxis bestimmen sich beim Fehlen einer Rechtskürung durch die Parteien sowohl die Entstehung wie die Wirkungen eines Vertrages grundsätzlich nach dem Recht des Landes, mit dem der engste räumliche Zusammenhang besteht (BGE 78 II 83 ff.). Für das Darlehen, Massenverträge ausgenommen, weist die engste räumliche Bindung regelmässig auf das Domizilland des Darleihers, weil seine Leistung die charakteristische, seine Lage die überwiegend gefährdete und seine Stellung im Vertrag die vorherrschende ist (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, Komm. zum OR, Allgemeine Einleitung Nr. 117/120; SCHNITZER, Handbuch des IPR, 3. Aufl., Bd. II S. 623/4 ; HERZFELD, Kauf und Darlehen im IPR S. 74 ff.).

2. - Indessen können einmal gegebene konkrete Umstände die räumliche Verknüpfung des Rechtsverhältnisses mit einem anderen Lande nahelegen. So hat das Bundesgericht in einem jüngst behandelten Fall (Armenrechtsentscheid vom 20. Mai 1952, i. S. Hirschler c. Vidoni) auf das Wohnsitzrecht des Darleihers zur Zeit der Darlehenshingabe nicht abgestellt, weil damals beide Parteien schon fest entschlossen waren, das betreffende Land zu verlassen, zugleich das künftige Domizil wenigstens des Borgers bekannt und dort auch das Darlehen zurückzuzahlen war, weshalb das Recht dieses Landes als massgeblich erachtet wurde.

Analoge Überlegungen drängen sich hier auf. Die Familie des Darleihers, eines aus Polen geflüchteten Schweizers, lebte seit 1945 in der Schweiz. Er selber hielt sich allein deshalb in Konstanz auf, weil er sein aus Polen gerettetes Vermögen in Reichsmark angelegt hatte und nur in 192 Deutschland zur Bestreitung seines Unterhaltes verwenden konnte. Nach eigenen Angaben in der Beschwerdeantwort hatte er denn auch in Konstanz lediglich Wohnsitz im Sinne des Art. 24 Abs. 2 ZGB. Mittlerweile ist er, wie längst beabsichtigt war, in die Schweiz zurückgekehrt. Anderseits war auch der Aufenthalt des Borgers in Konstanz nicht auf dauernden Verbleib angelegt. Vielmehr erwartete er die Einreiseerlaubnis in die Schweiz, die seither erteilt worden ist. Dergestalt mussten beide Parteien von Anfang an mit der Rückzahlung des Darlehens in der Schweiz rechnen, und es ist dann später auch eine dahingehende Vereinbarung getroffen worden. Das alles in Betracht gezogen ergeben sich nähere räumliche Zusammenhänge mit der Schweiz (dem Heimatstaat des Darleihers, dem künftigen bzw. jetzigen Wohnsitzstaat beider Parteien und dem vorgesehenen Rückzahlungsort) als mit Deutschland, zu welchem Staat das Rechtsverhältnis eine mehr zufällige Beziehung aufweist ...

Vgl. auch Nr. 19, 22, 24, 27.

Voir aussi nos 19, 22, 24, 27.

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