BGB § 139
Haben die Vertragsparteien vereinbart, daß die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die
Wirksamkeit der anderen nicht berührt, so kann ein Vertrag, der einzelne kartellnichtige Abreden
enthält, nicht schon deswegen als insgesamt nichtig angesehen werden, weil der Wegfall dieser
Abreden die wirtschaftlichen Vertragsgrundlagen wesentlich verändert und die Parteien den
Vertrag ohne diese Abreden nicht abgeschlossen hätten.
BGH, Urteil vom 08.02.1994 - KZR 2/93 (OLG Frankfurt)
Die in Frankreich ansässige Muttergesellschaft der Kl. vertreibt unter dem Warenzeichen "Pronuptia de Paris"
Brautmoden und andere Waren, für die im Zusammenhang mit Hochzeiten Bedarf besteht. Ihre Interessen in
der Bundesrepublik Deutschland werden durch die Kl. wahrgenommen. Der Vertrieb der Waren in der
Bundesrepublik Deutschland beruht auf einem System im wesentlichen gleichartiger sogenannter
Franchiseverträge, die die Kl. und/oder ihre französische Muttergesellschaft mit ihren deutschen Abnehmern
abschließen.
Eine der Franchisenehmerinnen der Kl. und ihrer Muttergesellschaft war die Bekl. Aufgrund von Verträgen vom
16. 12. 1974 und vom 24. 1. 1980 räumte die Kl. ihr für die jeweils genannten Bezirke das ausschließliche
Recht zur Benutzung des Zeichens "Pronuptia de Paris" zum Vertrieb ihrer Waren und Dienstleistungen und das
Recht zur Werbung in diesen Bezirken nach vorheriger Zustimmung der Kl. ein. Die Franchisegeberin
verpflichtete sich, in den Kundenbezirken keine weiteren Pronuptia-Geschäfte zu eröffnen und keine Waren
oder Dienstleistungen an Dritte in diesem Gebiet zu liefern. Ferner verpflichtete sie sich zur Unterstützung der
Franchisenehmerin hinsichtlich der "kaufmännischen und werblichen Gestaltung" ihres Handelsgeschäfts, der
Einrichtung und Ausstattung ihres Ladens, der Ausbildung des Personals, der Verkaufstechniken, der Mode und
der Waren, des Einkaufs, des Marketings sowie ganz allgemein hinsichtlich dessen, was nach ihrer Erfahrung
den Umsatz und die Rentabilität des Geschäfts der Franchisenehmerin fördern kann.
Die Bekl. blieb die alleinige Inhaberin ihres Handelsgeschäfts und hatte dessen Risiken allein zu tragen. Sie
verpflichtete sich unter anderem:
- 80 % der Brautmoden und -ausstattungen sowie einen von ihr selbst festzulegenden Anteil an Cocktail- und
Gesellschaftskleidern bei der Kl. und den Rest bei bei der Kl. zugelassenen Lieferanten einzukaufen (§ 3 Abs.
6);
- die Waren nur in dem vertraglich bestimmten Ladengeschäft zu verkaufen (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 1 - 3);
- der Franchisegeberin als Gegenleistung für die eingeräumten Vorteile eine einmalige Eintrittsgebühr für das
Vertragsgebiet in Höhe von 15 000,- DM bzw. 30 000,- DM sowie für die Dauer des Vertrages Lizenzgebühren
in Höhe von 10 % des Gesamtumsatzes zu zahlen (§ 5 Abs. 1);
- jede Tätigkeit in Konkurrenz zu einem Pronuptia- Geschäft zu unterlassen, insbesondere während der Dauer
des Vertrages und während eines Zeitraumes von ursprünglich zwei Jahren, später einem Jahr nach seiner
Beendigung, weder unmittelbar noch mittelbar im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-
Berlin und in allen Gebieten, in denen Pronuptia in irgendeiner Weise präsent ist, ein Handelsgeschäft zu
eröffnen oder sich daran zu beteiligen, das denselben oder einen gleichartigen Zweck hat wie das von der
Franchisenehmerin im Rahmen des Vertrages betriebene Handelsgeschäft (§ 9).
Zur Preisgestaltung hieß es im Vertrag von 1974: Pronuptia wird dem Franchisenehmer "Wiederverkaufspreise
nennen" - ab 1980: "Richtpreise empfehlen" -, "die sie als angemessen ansieht. Unbeschadet seiner Freiheit,
die Wiederverkaufspreise selbst zu gestalten, sehen die Parteien die von Pronuptia vorgeschlagenen Preise als
Richtlinien für den Wiederverkauf an" (§ 6 Abs. 1).
Neben weiteren, hier nicht interessierenden Bestimmungen (z. B. über die Abrechnung der Lizenzgebühren, die
Erteilung von Auskünften über alle Geschäftsvorgänge durch die Franchisenehmerin, die Kündigung des
Vertrags und die Rücknahme von Waren bei Vertragsende) enthalten die Verträge in § 12 folgende Klauseln:
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(1) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages nicht wirksam sein, so wird die Gültigkeit der anderen
hierdurch nicht berührt.
(2) Die Parteien verpflichten sich für den Fall der Unwirksamkeit einer Bestimmung, sie durch eine andere zu
ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt.
Die Verträge waren weder beim BKartA noch bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
angemeldet.
Die Kl. hat mit der Klage rückständige Lizenzgebühren für Umsätze in den Jahren 1978 bis 1980 geltend
gemacht. Das LG hat die Bekl. zur Zahlung von 158 502,82 DM nebst 13 % Zinsen verurteilt. Das BerG hat die
Klage abgewiesen, weil die Verträge gegen Art. 85 Abs. 1 EWGV verstießen und daher nichtig seien. Im
Verfahren über die Revision der Kl. hat der erkennende Senat gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften angerufen (GRUR Int. 1984, 521 ff.). Dieser hat die Vorlagefragen des
Senats mit Urteil vom 28. 1. 1986 (WuW/E EWG/MUV 693 - Pronuptia) wie folgt beantwortet:
1. a) Die Vereinbarkeit der Verträge für Vertriebsfranchising mit Art. 85 Abs. 1 hängt von den einzelnen
Bestimmungen dieser Verträge und von dem wirtschaftlichen Zusammenhang ab, in dem diese stehen.
b) Die Bestimmungen, die unerläßlich sind, damit das vermittelte know-how und die vom Franchisegeber
gewährte Unterstützung nicht den Konkurrenten zugute kommen, sind keine Einschränkungen des
Wettbewerbs im Sinne von Art. 85 Abs. 1.
c) Die Bestimmungen über die Kontrolle, die zur Wahrung der Identität und des Ansehens der durch die
Geschäftsbezeichnung symbolisierten Vertriebsorganisation unerläßlich ist, stellen ebenfalls keine
Einschränkungen des Wettbewerbs im Sinne von Art. 85 Abs. 1 dar.
d) Die Bestimmungen zur Aufteilung der Märkte zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern oder unter
den Franchisenehmern sind Einschränkungen des Wettbewerbs im Sinne von Art. 85 Abs. 1.
e) Wenn der Franchisegeber dem Franchisenehmer Richtpreise mitteilt, so stellt dies keine
Wettbewerbsbeschränkung dar, vorausgesetzt, daß zwischen dem Franchisegeber und dem Franchisenehmer
oder unter den Franchisenehmern hinsichtlich der tatsächlichen Anwendung dieser Preise keine aufeinander
abgestimmte Verhaltensweise besteht.
f) Verträge über Vertriebsfranchising, die Bestimmungen zur Aufteilung der Märkte zwischen Franchisegeber
und Franchisenehmern oder unter den Franchisenehmern enthalten, sind geeignet, den Handel zwischen
Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
2. Die Verordnung Nr. 67/67 ist auf Verträge über Vertriebsfranchising, wie sie in diesem Verfahren untersucht
worden sind, nicht anwendbar.
Mit Urteil vom 27. 5. 1986 (WuW/E BGH 2288 - Pronuptia I) hat der erkennende Senat das Berufungsurteil
vom 2. 12. 1982 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung an das BerG zurückverwiesen.
Dieses hat am 3. 12. 1992 auf Antrag der Bekl. ein "Zwischenurteil" folgenden Inhalts erlassen:
Es wird festgestellt, daß die zwischen den Parteien und zwischen der französischen Muttergesellschaft der Kl.,
Pronuptia de Paris S.A., M., und der Bekl. abgeschlossenen Franchise-Verträge vom 16. 12. 1974 betreffend
den Kundenbezirk Hannover und vom 24. 1. 1980 betreffend die Kundenbezirke Hamburg, Hannover und
Oldenburg nichtig sind.
Mit der Revision begehrt die Kl. die Aufhebung dieses Urteils.
I. Die Revision ist zulässig.
Allerdings hat das BerG die angefochtene Entscheidung als "Zwischenurteil" erlassen. Ein solches ist -
abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen des § 280 Abs. 2 und des § 304 Abs. 2 ZPO - nicht gesondert,
sondern nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar. Dies gilt auch dann, wenn das Zwischenurteil -
wie hier - gar nicht hätte ergehen dürfen, weil es nicht über eine Zwischenstreitigkeit im Sinne von § 303 ZPO,
sondern über eine materiell-rechtliche Vorfrage (Nichtigkeit von Verträgen) entschieden hat (BGHZ 8, 383,
385).
In Übereinstimmung mit den Parteien und bei Würdigung der abgegebenen Prozeßerklärungen und der
ergangenen Entscheidung ist jedoch in dem von der Bekl. in der letzten Berufungsverhandlung gestellten
Antrag, gemäß § 256 Abs. 2 ZPO durch Zwischenurteil über die Frage der Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der dem
Rechtsstreit zugrundeliegenden Franchiseverträge dahingehend zu entscheiden, daß die Unwirksamkeit
(Nichtigkeit) der Verträge festgestellt wird, die Erhebung einer negativen Zwischenfeststellungswiderklage und
in der angefochtenen Entscheidung ein Teilurteil über diese Widerklage zu sehen. Es kann der Kl. nicht
verwehrt werden, gegen das verfahrensrechtlich unzulässige Zwischenurteil mit dem Rechtsmittel vorzugehen,
welches im Falle korrekter Entscheidung durch Teilurteil gegeben wäre. Daß das BerG den Antrag der Bekl.
nicht als Widerklage behandelt, sondern als bloßen Prozeßantrag auf Erlaß eines Zwischenurteils angesehen
hat, steht dem nicht entgegen, da das RevG die Prozeßerklärungen der Parteien selbständig auslegen kann
(BGHZ 4, 328, 334; BGH NJW-RR 1991, 1211; Zöller/Schneider, ZPO, 18. Aufl., § 550 Rdn. 11).
II. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das BerG hat die Nichtigkeit der zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchiseverträge wie folgt
begründet:
Es sei aufgrund der Beweisaufnahme erwiesen, daß die Kl. ungeachtet der vertraglichen Bestimmung, die nur
von Richtlinien und empfohlenen Richtpreisen sprechen, die von den Franchisenehmern zu berechnenden
Endverkaufspreise einseitig festgelegt und bei den Franchisenehmern zu berechnenden Endverkaufspreise
einseitig festgelegt und bei den Franchisenehmern durchgesetzt hat. Damit sei der Tatbestand der verbotenen
Preisbindung nach § 15 GWB erfüllt. Die Preisbindung und die in den Verträgen vorgenommene Marktaufteilung
verstießen nach der Vorlageentscheidung des EuGH auch gegen Art. 85 Abs. 1, 2 EWGV. Sie führten zu einer
spürbaren Marktbeeinflussung, denn der Marktanteil der Kl. bei Brautmoden und zugehörigen Artikeln habe
sich in der Bundesrepublik Deutschland im fraglichen Zeitraum auf etwa 15 % belaufen.
Der Verstoß gegen das Preisbindungsverbot und die unzulässige Aufteilung der Kundenbezirke zögen die
Nichtigkeit der Verträge im ganzen nach sich. Zwar gewinne in diesem Zusammenhang die "salvatorische
Klausel" in § 12 der Verträge Bedeutung. Es liege jedoch nahe, daß die Parteien der dortigen Regelung
entsprechend die unwirksame Preisbindung durch empfohlene Richtpreise ersetzt hätten, wie dies nach dem
Wortlaut der Verträge auch vorgesehen gewesen und später von der Kl. gehandhabt worden sei. Anstelle der
Beschränkung der Bekl. auf ein Verkaufsgeschäft und des Verbots des Querbezugs der Waren von anderen
Franchisenehmern hätte ein Verzicht auf diese Bestimmungen treten können. Indessen habe die
Beweisaufnahme ergeben, daß die Kl. zur Zeit des Vertragsschlusses nicht bereit gewesen wäre, sich auf
dergestalt veränderte Verträge einzulassen. Die Verträge ließen sich auch nach ihrem inneren Gefüge nicht
ohne die nichtigen Bestimmungen aufrechterhalten, denn der Übergang von der Preisbindung zu empfohlenen
Richtpreisen und von der Aufteilung der Vertragsbezirke zum Wettbewerb zwischen den Franchisenehmern
hätte die wirtschaftlichen Vertragsgrundlagen wesentlich verändert. Da die Nichtigkeit der genannten
Bestimmungen das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung aufhebe, müßten die Verträge
insgesamt als unwirksam betrachtet werden.
2. Nicht zu beanstanden ist, daß das BerG diese Rechtsfolge durch ein Zwischenfeststellungsurteil nach § 256
Abs. 2 ZPO ausgesprochen hat.
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Die Zwischenfeststellungswiderklage konnte durch bloße Antragstellung in der mündlichen Verhandlung
erhoben werden (§ 261 Abs. 2 ZPO); einer Zulassung nach § 530 Abs. 1 ZPO bedurfte es nicht (BGHZ 53, 92).
Die Vorgreiflichkeit der beantragten Feststellung ist zu bejahen, denn auch wenn im Falle der Nichtigkeit der
Verträge Bereicherungsansprüche bestehen mögen, können diese einen anderen Inhalt als die aus wirksamen
Verträgen abzuleitenden Ansprüche haben. Daß die Feststellung der Nichtigkeit auch für weitere Ansprüche
zwischen den Parteien von Bedeutung sein kann (BGHZ 69, 37, 43), ist zumindest nicht auszuschließen.
Ob es sachdienlich war, nach umfangreicher und langwieriger Beweisaufnahme zur Höhe von
Bereicherungsansprüchen anstelle einer alsbaldigen Endentscheidung vorab ein Zwischenfeststellungsurteil zu
erlassen, unterliegt nicht revisionsgerichtlicher Nachprüfung; Zulässigkeitsbedenken begegnet dies nicht (BGH
NJW 1961, 75).
3. In sachlicher Hinsicht kann die vom BerG getroffene Feststellung keinen Bestand haben.
a) Ohne Erfolg greift die Revision allerdins die Beweiswürdigung des BerG zur Frage der Festlegung und
Durchsetzung einheitlicher Preise durch die Kl. sowie zur Frage der spürbaren Marktbeeinflussung an. Die
diesbezüglichen Rügen hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet; von der schriftlichen
Begründung wird gemäß § 565a ZPO abgesehen.
b) Mit dem BerG ist demnach zwar von der Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abreden (Preisbindung
und Marktaufteilung) nach § 15 GWB, Art. 85 Abs. 2 EWGV auszugehen. Soweit das BerG hieraus aber die
Gesamtnichtigkeit der Franchiseverträge ableitet, kann ihm nicht gefolgt werden.
Die Nichtigkeit nach Art. 85 Abs. 2 EWGV erfaßt nur dann den gesamten Vertrag, wenn sich die unter das
Verbot des Abs. 1 der genannten Vorschrift fallenden Teile nicht von seinem anderen Inhalt trennen lassen
(EuGH WuW/E EWG/MUV 117, 123 - MBU). Hat der restliche Vertrag jedoch einen selbständiger Geltung
fähigen Regelungsgehalt, so beurteilt sich die Auswirkung der Teilnichtigkeit nach nationalem Recht,
gegebenenfalls also nach § 139 BGB (WuW/E BGH 2565, 2569 - Schaumstoffplatten). Für die Nichtigkeit nach
§ 15 GWB gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Ergebnis dasselbe (vgl. WuW/E BGH 1402, 1404 -
EDV-Zubehör - mit weiteren Nachw.). § 139 BGB, demzufolge das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht
anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, ist aber abdingbar, d. h. er
greift nicht ein, wenn die Parteien eine andere Vereinbarung getroffen haben (BGH DB 1955, 750; s. auch die
Senatsurteile WuW/E BGH 1259, 1264 - Bremsrollen und WuW/E BGH 1988, 1990, wo die Teilwirksamkeit
allein aus salvatorischen Klauseln hergeleitet wurde). Ein Abstellen auf den mutmaßlichen Parteiwillen im Sinne
von § 139 BGB ist dann nicht veranlaßt. Nur wenn die getroffene, von § 139 BGB abweichende Regelung
ihrerseits unwirksam ist, z. B. weil der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots, aus dem sich die Unwirksamkeit
der anderen Bestimmungen ergibt, einer Aufrechterhaltung des Vertrags im übrigen entgegensteht (vgl. BGH
NJW 1977, 38, 40), bleibt es bei der gesetzlichen Regelung.
Im vorliegenden Fall sind die nichtigen Abreden (Preisbindung und Gebietsaufteilung) vom übrigen
Vertragsinhalt abtrennbar. Die Franchiseverträge haben - was nicht näher ausgeführt zu werden braucht - auch
ohne diese Nebenabreden einen selbständiger Geltung fähigen Inhalt.
Besteht aber Trennbarkeit, so kommt es auf die vom BerG für maßgeblich erachtete Frage, ob die Parteien den
Vertrag ohne die nichtigen Bestimmungen überhaupt abgeschlossen oder hiervon wegen der wirtschaftlichen
Auswirkungen der Teilnichtigkeit abgesehen hätten, nicht an. Dieser Fragestellung haben die Parteien selbst
durch § 12 Abs. 1 der Verträge die Grundlage entzogen. Diese Klausel ist eindeutig und einer Auslegung etwa
dahingehend, daß ihre Geltung auf Abreden ohne wirtschaftliche Auswirkungen beschränkt sein soll, nicht
zugänglich.
Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Anwendung der salvatorischen Klausel ihrerseits aus
Rechtsgründen zu unterbleiben hätte. Dies käme, wie dargelegt, in Betracht, wenn der Schutzzweck des
Gesetzes einer teilweisen Aufrechterhaltung der Verträge entgegenstünde.
Mit dieser Frage hat sich das BerG nicht befaßt. Der Senat ist jedoch aufgrund der im Berufungsurteil
getroffenen Feststellungen nunmehr (beim ersten Revisionsverfahren fehlten Feststellungen zur
Teilwirksamkeit) in der Lage, selbst hierüber zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Frage ist zu
verneinen. Der Schutzzweck von Art. 85 EWGV und § 15 GWB gebietet eine Gesamtnichtigkeit der
Franchiseverträge nicht. Er ist auf die Freihaltung des Wettbewerbs von beschränkenden Einflüssen (hier:
Preis- und Gebietsabsprachen) gerichtet; entfallen diese Einflüsse, so sind die Franchiseverträge, wie der EuGH
im Urteil vom 28. 1. 1986 (a.a.O.) festgestellt hat, trotz verbleibender Einschränkungen der Betätigungsfreiheit
der Parteien wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Gegenteil kann der Aufrechterhaltung der
Franchiseverträge ohne die unzulässigen Abreden sogar ein wettbewerbsfördernder Effekt zukommen (vgl. zu
den positiven Auswirkungen des Vertriebsfranchising auf die Marktstruktur Jakob-Siebert in
Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Ver- trag, 4. Aufl., Art. 85 - Fallgruppen Rdn. 375 f.).
Eine Unwirksamkeit der salvatorischen Klausel aus anderen Gründen, etwa wegen sittenwidriger
Übervorteilung, kann nach Sachlage ausgeschlossen werden. Ebensowenig ist den Feststellungen des BerG ein
Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß der Berufung auf diese Klausel der Einwand der Arglist oder des
Rechtsmißbrauchs entgegengesetzt werden könnte.
4. Damit steht fest, daß die Verträge nicht insgesamt nichtig sind, sondern nur in den (für die Klageansprüche
unerheblichen) Bestimmungen über Preisbindung und Gebietsaufteilung. Das angefochtene Teilurteil ist daher
aufzuheben und die auf die Feststellung der Gesamtnichtigkeit gerichtete Widerklage abzuweisen. Im übrigen
ist der Rechtsstreit noch in der Berufungsinstanz anhängig. Das BerG wird nunmehr zu prüfen haben, ob und in
welcher Höhe die geltend gemachten Lizenzgebührenansprüche begründet sind.
[GR 3294]