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von Hoffmann, Bernd, Inländische Sachnormen mit zwingendem internationalem Anwendungsbereich, 9 IPRax 1989, at 261 et seq.

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von Hoffmann, Bernd, Inländische Sachnormen mit zwingendem internationalem Anwendungsbereich, 9 IPRax 1989, at 261 et seq.
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Table of Contents
Inländische Sachnormen mit zwingendem internationalem AnwendungsbereichA) Allgemeiner TeilI. Parteiautonomie und zwingende Normen1. Erweiterungen der Parteiautonomiea) Freie Rechtswahlb) Kollisionsrechtliche Teilverweisung2. Sonderanknüpfung zwingender Normena) Allseitige Sonderanknüpfungb) Einseitige Sonderanknüpfung3. Das neue SystemII. Die Ermittlung international zwingender Normen1. Grundsätzlichesa) Internationaler Entscheidungseinklangb) Methodische Erwägungenc) Ansatzpunkte der Rechtsanalogie2. Die verschiedenen Arten zwingender Normena) Gesetzeszweck und internationaler Anwendungsanspruchb) Typen zwingender Normen im materiellen Recht(a) Zweckmäßigkeitsvorschriften(b) Rechtsethische Grundwerte(c) Ausgleich typischer Ungleichgewichtslagen3. Ergebnis: Sonderanknüpfung zwingenden SonderprivatrechtsB) Besonderer TeilI. Die Sonderanknüpfung verbraucherschützenden Sonderprivatrechts1. Verbraucherschützende Normen2. Persönlicher Anwendungsbereich im internen Recht3. Internationaler Anwendungsbereich4. Offene Fragen des internationalen Anwendungsbereichs5. Lösungsvorschlägea) Haus TWGb) AbzG, Reiserechtc) Beschränkung auf VerbrauchergeschäfteII. Die Anwendung von § 609 a BGB auf internationale Darlehensverträge1. Grundzüge des § 609 a BGB2. Normzweck von § 609 a BGB allgemein3. Kündigungsrecht bei Verbraucherdarlehen4. Internationaler Anwendungsbereicha) Keine wirtschaftspolitische Vorschriftb) Keine Beschränkung auf inländische Schuldnerc) Maßgeblichkeit des Vertragsstatutsd) Sonderanknüpfung bei Verbraucherdarlehen
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261

Inländische Sachnormen mit zwingendem internationalem Anwendungsbereich

von Prof. Dr. Bernd von Hoffmann, Trier

Das Römische Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht von 1980 und die darauf fußende Reform des deutschen internationalen Privatrechts der Schuldverträge (Artt. 27 bis 37 EGBGB) haben die Diskussion um die Anwendung zwingender Normen auf Verträge mit Auslandsbeziehungen neu entfacht. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Anwendung inländischer und der Anwendung ausländischer zwingender Normen jenseits des Vertragsstatuts. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Anwendung inländischer zwingender Normen mit privatschützendem Charakter; sie beschäftigen sich nicht mit solchen zwingenden Normen, die allgemein- oder wirtschaftspolitischen Zwecken dienen.

In einem Allgemeinen Teil (A) wird zunächst die These entwickelt, daß die Reform von 1980 ein neues System des Verhältnisses von Parteiautonomie und zwingenden Normen eingeführt hat, das auch neue Überlegungen zur Sonderanknüpfung inländischer zwingender Normen erfordert (I). Hierauf wird allgemein untersucht, welche inländischen zwingenden Normen eine Sonderanknüpfung verlangen und wie diese Sonderanknüpfung durchzuführen ist (II). Im Besonderen Teil (B) werden die gewonnenen allgemeinen Ergebnisse auf einzelne Normengruppen exemplarisch angewendet. Zunächst wird der Sonderanknüpfung verbraucherschützender Normen im einzelnen nachgegangen (I). Sodann wird untersucht, ob § 609 a BGB, eine im Jahre 1986 eingeführte 262 zwingende Norm über das Kündigungsrecht des Schuldners von Darlehensverträgen, ebenfalls einer Sonderanknüpfung unterliegt (II).

A) Allgemeiner Teil

I. Parteiautonomie und zwingende Normen

1. Erweiterungen der Parteiautonomie

a) Freie Rechtswahl

Die Parteien können nach neuem Recht frei wählen, welcher Rechtsordnung der Vertrag unterstellt sein soll (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Damit ist ein alter Streit um den Kreis der wählbaren Rechtsordnungen beendet. Früher war die Ansicht verbreitet gewesen, die Parteien dürften nur eine derjenigen Rechtsordnungen wählen, welche einen objektiven Bezug zu dem Geschäft aufweisen1 . Von anderen wurde gefordert, bei der Wahl einer Rechtsordnung, die keinen objektiven Bezug zu dem Geschäft aufweise, müsse ein "legitimer Grund" vorliegen2 . Lockerer wurde die Grenze der Rechtswahlbefugnis dahingehend gezogen, daß eine "willkürliche" Rechtswahl unbeachtlich sei3 .

Der gesamte Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht. Insbesondere sind zwingende Normen, welche die Privatautonomie begrenzen, grundsätzlich nur dem gewählten Recht zu entnehmen. Die Anwendung zwingender Normen dritter Rechtsordnungen ist grundsätzlich ausgeschlossen. Voraussetzung einer Rechtswahl mit kollisionsrechtlicher Wirkung ist aber nach Art. 27 Abs. 3 EGBGB, daß der Sachverhalt Verbindungen zu mehr als einer Rechtsordnung aufweist. Weist der Sachverhalt nur Beziehungen zu einer einzigen Rechtsordnung auf, so sind auch die zwingenden Normen dieser Rechtsordnung voll anzuwenden.

b) Kollisionsrechtliche Teilverweisung

Nach dem neuen Recht haben die Parteien nicht nur die Möglichkeit, aus sämtlichen Rechtsordnungen der Welt diejenige auszuwählen, welche den Vertrag zu beherrschen hat. Sie können noch weiter gehen, indem sie nicht den gesamten Vertrag einer einzigen Rechtsordnung unterstellen, sondern verschiedene Teile des Vertrages unterschiedlichen Rechtsordnungen unterwerfen. Dies hat die Wirkung, daß die zwingenden Normen, welche den jeweiligen Vertragsteil betreffen, dem für diesen Teil des Vertrages gewählten Recht zu entnehmen sind4 .

Diese Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Teilverweisung wurde im Schrifttum immer wieder mißtrauisch betrachtet, zuweilen sogar abgelehnt5 . Heute kann an ihrer Zulässigkeit kein Zweifel mehr bestehen6 .

Die ausdrückliche Verankerung der parteiautonomen Vertragsspaltung in dem Römischen Übereinkommen ist ersichtlich auf Initiative eines der Mitglieder der Sachverständigengruppe, des französischen Professors Paul Lagarde, zurückzuführen7 . Lagarde diskutiert das gegen die Vertragsspaltung vorgebrachte Bedenken, daß durch sie für die Parteien die Möglichkeit eröffnet wird, die Anwendung zwingender Normen auszuschalten und damit Verträgen durch Unterstellung unter verschiedene Teilrechtsordnungen Wirksamkeit zu verleihen, die unwirksam wären, würde man sie insgesamt jeder dieser Rechtsordnungen unterstellen. Lagarde begegnet diesem Einwand mit dem Hinweis, möglicherweise stehe eine Rechtsordnung bereit, die den Vertrag vollinhaltlich für wirksam erkläre. Wenn nun diese Möglichkeit der Vereinbarung einer dritten Rechtsordnung bestehe, so stehe einer Gestaltung nichts im Wege, welche unerwünschte zwingende Normen ausschaltet, ohne deshalb gleich insgesamt eine Rechtsordnung wählen zu müssen, mit der die Parteien im übrigen nichts im Sinn haben. Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß die parteiautonome Vertragsspaltung in Kenntnis der Möglichkeit eingeführt wurde, daß sie als Mittel zur Ausschaltung zwingender Normen benutzt werde. Somit ist es der Absicht des Übereinkommens zuwider, die Vertragsspaltung an das Erfordernis des "legitimen Grundes" zu binden oder bei "Willkür" für unbeachtlich zu erklären. Die Grenzen der Vertragsspaltung werden nicht durch materielle Grundsätze gezogen, sondern durch rechtstechnische Erfordernisse. So ist es rechtstechnisch ausgeschlossen, die Konsenserfordernisse für den Vertragsschluß bezüglich der Willenserklärungen beider Parteien kraft Parteiwillens unterschiedlichen Rechten zu unterstellen. Zwingend erforderlich ist vielmehr, die Bindungswirkung des Vertrages für beide Parteien dem gleichen Recht zu entnehmen.

2. Sonderanknüpfung zwingender Normen

Der Grundsatz der ausschließlichen Maßgeblichkeit der zwingenden Sachnormen des Vertragsstatuts wird im neuen Recht in durchaus neuartiger Weise abgeschwächt. Zunächst wird für gewisse Vertragstypen eine Beachtung zwingender Normen einer Rechtsordnung sichergestellt, die nicht Vertragsstatut ist (Artt. 29, 30 EGBGB). Dies geschieht unabhängig davon, ob diese zwingenden Normen inländischem oder ausländischem Recht angehören (allseitige Sonderanknüpfung).

Darüber hinaus besteht in Art. 34 EGBGB ein allgemeiner Vorbehalt zugunsten gewisser zwingender Vorschriften des Forumstaates. Damit wird dem Forumstaat - ohne Begrenzung auf bestimmte Vertragstypen - die Möglichkeit eröffnet, seine eigenen zwingenden Normen gegenüber dem Vertragsstatut durchzusetzen (einseitige Sonderanknüpfung).

a) Allseitige Sonderanknüpfung

Auch für Verbraucherverträge ist nach Art. 29 EGBGB freie Rechtswahl und kollisionsrechtliche Teilverweisung8 zulässig. Jedoch darf diese Rechtswahl nicht dazu führen, daß dem Verbraucher der durch die zwingenden Bestimmungen seines Aufenthaltsrechts gewährte Schutz entzogen wird, vorausgesetzt allerdings, daß die Vertragsanbahnung im Aufenthaltsstaat stattgefunden hat. Art. 29 EGBGB läßt es nicht genügen, daß der Verbraucher seinen Aufenthalt im Inland hat, um den Verbraucherschutz des Aufenthaltsrechts zur 263 Anwendung zu bringen. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, daß der Vertragspartner die Vertragsanbahnung am Wohnsitzrecht des Verbrauchers vorgenommen hat, etwa durch Vertreterbesuch, Direktmarketing, aber auch durch allgemeine Werbung, und daß der Verbraucher seine auf Vertragsschluß gerichtete Erklärung in seinem Aufenthaltsstaat abgegeben hat9 . Bei Warenkäufen ist sogar das Erfordernis der Abgabe der auf Vertragsschluß gerichteten Erklärung durch den Verbraucher in seinem Aufenthaltsstaat gelockert. Die im Ausland aufgegebene Bestellung wird der im Aufenthaltsstaat aufgegebenen Bestellung gleichgestellt, sofern der Verkäufer die Auslandsreise organisiert hat.

Die getroffene Regelung ist Ergebnis einer differenzierten Abwägung der Interessen beider Parteien nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Gesichtspunkten, wie sie etwa auch in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre bei der Geschäftsfähigkeit und im Deliktsrecht bei der Produkthaftpflicht vorgenommen werden10 . Sie sind jedenfalls nicht den Exklusivnormen zuzuordnen, welche eine einseitige Inländerbegünstigung bezwecken11 .

Zur Anwendung berufen sind damit alternativ das gewählte Recht und das Aufenthaltsrecht des Verbrauchers. Die Entscheidung zwischen diesen beiden alternativen Anknüpfungen ist nach dem Kriterium der Günstigkeit für den Verbraucher zu treffen. Man könnte von einer alternativen Anknüpfung "in favorem consumtoris" sprechen. Diese Anknüpfung ist allseitig in einem doppelten Sinne. Erstens ist es gleichgültig für die Anwendung des Aufenthaltsrechts, ob der Verbraucher seinen Aufenthalt im Inland oder im Ausland hat. Zweitens ist die Anknüpfung an das Aufenthaltsrecht unabhängig davon, ob dieses selbst für den konkreten internationalen Sachverhalt Anwendung beansprucht12 .

Hat also etwa der Verbraucher seinen Aufenthalt in Norwegen und wurde mit dem dänischen Verkäufer die Anwendung dänischen Rechts vereinbart, so ist es nach Art. 29 für die (alternative) Anwendung der norwegischen zwingenden Normen unerheblich, ob diese vor norwegischen Gerichten auch dann zur Anwendung kommen, wenn die Rechtswahl der Parteien auf dänisches Recht verweist. Nach alledem liegt eine klassische Sonderanknüpfung der verbraucherschützenden Normen vor. Eine entsprechend strukturierte allseitige Sonderanknüpfung sieht Art. 30 EGBGB für die Normen zum Schutz des Arbeitnehmers vor13 .

b) Einseitige Sonderanknüpfung

Weiterhin läßt Art. 34 EGBGB zu, daß das deutsche Recht Bestimmungen trifft, welche den Anwendungsbereich zwingender Vorschriften des deutschen Sachrechts abweichend von dem genannten System der Anwendung zwingender Normen regeln. Art. 34 selbst zwingt nicht, eine Sonderanknüpfung zwingender Normen vorzunehmen. Er enthält auch keine Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen das deutsche Recht seinen Sachnormen einen international zwingenden Anwendungsbereich beilegen sollte.

3. Das neue System

Nach altem Recht wurde versucht, bei internationalen Verträgen zwingende Normen dadurch durchzusetzen, daß der Kreis der wählbaren Rechtsordnungen beschränkt und die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl ausgeschlossen wurde.

Die Erweiterung der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie (freie Rechtswahl, parteiautonome Vertragsspaltung) könnte - isoliert gesehen - als ein anachronistischer Rückschritt erscheinen. Im materiellen Vertragsrecht wird allenthalben die Privatautonomie durch zwingende Vorschriften zum Schutz der Schwächeren begrenzt. Dem widerspräche ein kollisionsrechtliches System, das durch Erweiterung der Parteiautonomie neue Möglichkeiten schafft, den Schwächeren schutzlos zu stellen. Mit der Erweiterung der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie einher geht aber ein neuartiges System des internationalen Schutzes der Schwachen durch Einführung international zwingender Normen, die sich gegenüber dem Vertragsstatut durchsetzen.

Den Vätern des Römischen Übereinkommens war diese Wechselbeziehung zwischen neuer Liberalität und neuer Strenge durchaus bewußt. Die Sonderanknüpfung zwingender Normen wird als Korrektur der erweiterten Parteiautonomie gesehen. In dem Bericht Giuliano/Lagarde wird hierzu ausgeführt, "das Risiko, daß die Aufspaltung des Vertrages mit dem Ziel vorgenommen wird, bestimmte zwingende Vorschriften zu umgehen, läßt sich . . . mit Hilfe von Art. 7 ausschließen"14 .

Diese neue Methode der objektiven Bestimmung des Anwendungsbereichs international zwingender Normen ist treffsicherer als die alte Methode. Während früher die Anwendung des liberalen Verkäuferrechts als Vertragsstatut jeden Rückgriff auf zwingende Schutzvorschriften des Käuferrechts ausschloß, gibt es heute Käuferschutzvorschriften, die unabhängig von dem Vertragsstatut anwendbar sind. Damit ist insbesondere eine früher denkbare "Mißbrauchsmöglichkeit" heute ausgeschlossen: Wer aus einem "Oasenstaat" Geschäfte mit Verbrauchern im Ausland treibt, kann sich nicht mehr darauf zurückziehen, das Verkäuferrecht sei Vertragsstatut.

Andererseits reduziert das neue Recht - soweit nicht Sonderanknüpfungen nach Artt. 29, 30 oder 34 EGBGB eingreifen - den Geltungsanspruch nationaler zwingender Normen auf internationale Sachverhalte. Selbst wenn alle objektiv mit dem Sachverhalt verknüpften Rechtsordnungen inhaltsgleiche zwingende Normen kennen, bleiben diese außer Betracht, wenn die Parteien eine Rechtsordnung gewählt haben, welche diese zwingenden Normen nicht kennt.

Damit sind zwei Kategorien zwingender Normen geschaffen worden: Auf der einen Seite stehen zwingende Normen, deren Anwendung bei einem Sachverhalt mit Außenbeziehungen parteidispositiv ist, auf der anderen Seite stehen solche Normen, deren Anwendung auch bei Sachverhalten mit Auslandsbezug zwingend ist.

Auch nach neuem Recht ist die Mehrzahl der intern zwingenden Normen bei internationalen Sachverhalten parteidispositiv. Jedoch stellt sich die Frage, ob die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts von Parteiautonomie und Schutz des Schwächeren es bei internationalen Sachverhalten nicht gebietet, zwingende Normen, die bisher als international parteidispositiv galten, nunmehr als international zwingend anzusehen. Sonst würde der - zugegebenermaßen unvollkommene -Schutz, der bisher durch die Beschränkung des Kreises der wählbaren Rechtsordnungen und den Ausschluß der kollisionsrechtlichen Teilverweisung verwirklicht war, ersatzlos verloren gehen. Positivrechtlich möglich ist dies nur auf dem Wege der einseitigen Erweiterung des Kreises international zwingender Normen des Forums gemäß Art. 34 EGBGB. 264 Eine allseitige Sonderanknüpfung jenseits von Artt. 29/30 EGBGB bleibt einer Revision des Römischen Übereinkomens vorbehalten.

II. Die Ermittlung international zwingender Normen

1. Grundsätzliches

a) Internationaler Entscheidungseinklang

Zweck des Römischen Übereinkommens ist, Entscheidungseinklang in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft herzustellen15 . Dieser Zweck der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Übereinkommens wird auch in Art. 36 EGBGB festgeschrieben. Durch die einseitige Sonderanknüpfung inländischer zwingender Normen wird der internationale Entscheidungseinklang gestört16 . Gleichwohl gestattet Art. 7 II des Römischen Übereinkommens, [der] dem Art. 34 EGBGB nachgebildet ist, die einseitige Sonderanknüpfung inländischer zwingender Normen. Art. 7 II des Römischen Übereinkommens ist indes im Zusammenhang zu sehen mit Art. 7 I, der vorsieht, daß der Sonderanknüpfung ausländischer zwingender Normen Wirkung verliehen werden kann, auch wenn sie nicht dem Vertragsstatut angehören. Wird einer inländischen Sonderanknüpfung im Ausland Wirkung verliehen, so ist auch internationaler Entscheidungseinklang hergestellt. Dem Leitgedanken des internationalen Entscheidungseinklangs entspricht es, bei der Bestimmung des Kreises inländischer Normen, für die eine Sonderanknüpfung vorzusehen ist, aber auch bei der Bestimmung des für die Sonderanknüpfung erforderlichen Inlandsbezuges auf ihre mögliche Akzeptanz im Ausland Rücksicht zu nehmen17 .

b) Methodische Erwägungen

Es fragt sich, ob interne Sachnormen auch ohne ausdrückliche gesetzgeberische Anordnung einen international zwingenden Anwendungsbereich beanspruchen können. Die deutsche Rechtsprechung hat dies vereinzelt - unter Berufung auf den ordre public - bejaht, so bei Vorschriften des Abzahlungsgesetzes und der Makler- und Bauträger-VO18 .

Auch der Gesetzgeber des IPR-Gesetzes von 1986 geht davon aus, daß inländische Sachnormen ohne besondere gesetzgeberische Anordnung das Vertragsstatut verdrängen können. So wurde in der Begründung des Regierungsentwurfs zum neuen IPR das Wohnraummietrecht als eine Materie angesehen, deren zwingende Normen unabhängig vom Vertragsstatut anzuwenden sind19 . Im Schrifttum - zum alten Recht - überwiegt die Skepsis gegenüber den Ansätzen einer solchen Sonderanknüpfung20 . Freilich wird häufig nicht deutlich, ob eine generelle Abneigung de lege ferenda gegenüber derartigen Normen Grundlage dieser Zurückhaltung ist oder das mehr rechtstechnische Bedenken, daß die bisher bestehenden Normen zu vereinzelt und disparat sind, als daß sie eine geeignete Basis für Analogien darstellen könnten.

Gegner der einseitigen Sonderanknüpfung bevorzugten entweder, für bestimmte Vertragstypen die Parteiautonomie ganz auszuschließen21 , oder aber sie schlagen allseitig wirkende Sonderanknüpfungen zwingender Normen vor22 .

Durch das Römische Übereinkommen und die darauf aufbauende Neukodifikation des deutschen internationalen Vertragsrechts ist dem Ausschluß der Parteiautonomie zugunsten zwingender Anknüpfung bestimmter Vertragstypen eine Absage erteilt worden; eine allseitig wirkende Sonderanknüpfung zwingender Normen ist in Artt. 29 und 30 EGBGB teilweise verwirklicht worden, im übrigen aber ausgeschlossen. Es bleibt damit de lege lata nur die Wahl, sich mit der Schutzfunktion des Vertragsstatuts zu beruhigen, obgleich diese - wie ausgeführt - durch die Zulassung der freien Rechtswahl und der kollisionsrechtlichen Teilverweisung noch geringer geworden ist, oder aber dem durch Art. 34 EGBGB offengelassenen Weg, einseitige Sonderanknüpfungen zwingender Normen vorzunehmen, weiter nachzugehen.

c) Ansatzpunkte der Rechtsanalogie

Ansatzpunkt für eine Rechtsanalogie bieten zunächst die Normen des Römischen Übereinkommens und des EGBGB, die eine allseitige Sonderanknüpfung zwingender Normen vorsehen. Weiterhin sind die Sonderanknüpfungen des deutschen Rechts, soweit sie nicht protektionistische Exklusivnormen sind, heranzuziehen23 . Es ist zu fragen, ob die Sachnormen, für die Sonderanknüpfung vorgesehen ist, im deutschen Sachrecht einer gemeinsamen Normengruppe angehören. Wird dies bejaht, so stellt sich die weitere Frage, ob dieser übergeordneten Normengruppe nach deutschem Sachrecht weitere Rechtsgebiete angehören, für die dann eine einseitige Sonderanknüpfung über Art. 34 EGBGB vorzusehen ist. Auf dem Gebiete des Verbraucherschutzes bedeutet Art. 29 EGBGB für das nationale Recht keine Sperre, eine einseitige Sonderanknüpfung vorzusehen.24

Wenn Artt. 29 und 30 EGBGB für bestimmte Normen eine allseitige Sonderanknüpfung vorsehen, dann ist es systemkonform, für inländische zwingende Normen gleicher Qualität eine einseitige Sonderanknüpfung vorzusehen. Der allseitige Ausbau der Sonderanknüpfung ist - wie gesagt -durch das Römische Übereinkommen verwehrt. Er würde auch nicht dem internationalen Entscheidungseinklang dienen. Wenn etwa eine Sonderanknüpfung nicht nur für inländische Verbraucherschutznormen, sond ern - über Art. 29 EGBGB hinausgehend - auch für alle ausländischen Verbraucherschutznormen vorgenommen würde, so gewährten inländische Gerichte möglicherweise dem Verbraucher mehr Schutz, als sein Aufenthaltsstaat beansprucht. Der allseitige Ausbau der Sonderanknüpfung würde also den internationalen Entscheidungseinklang stören. Die Orientierung am Leitbild des Römischen Übereinkommens bei der einseitigen Sonderanknüpfung ist auch gar nicht neu. Der deutsche 265 Gesetzgeber orientierte sich bei der Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereiches des AGBG und des FernUSG an Entwürfen des Römischen Übereinkommens25 . Bei der bevorstehenden Novellierung des Börsengesetzes soll der räumliche Anwendungsbereich der inländischen Beschränkungen (Unverbindlichkeit) von Börsentermingeschäften ebenfalls nach dem Modell des Art. 29 EGBGB bestimmt werden26 .

2. Die verschiedenen Arten zwingender Normen

a) Gesetzeszweck und internationaler Anwendungsanspruch

Die Durchsetzung inländischer zwingender Normen gegenüber dem ausländischen Vertragsstatut bedeutet eine Durchbrechung des Grundsatzes des internationalen Entscheidungseinklangs. Deshalb kann nicht jeder materielle Gesetzeszweck eine Sonderanknüpfung rechtfertigen. Sonst würde das Anknüpfungsprinzip der Parteiautonomie beseitigt. Also kommt eine Sonderanknüpfung selbst dann, wenn eine Abweichung des Vertragsstatuts von den Zwecken des deutschen Rechts festgestellt ist, nur ausnahmsweise in Betracht. Das Verhältnis von Gesetzeszweck und internationalem Anwendungsanspruch wurde bisher im deutschen Recht bei den Erörterungen zum ordre-public-Vorbehalt angesprochen. Hierzu hat Kegel27 folgendes ausgeführt:

"Ein ausländisches Gesetz verstieße also immer gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, wenn es in Tatbestand oder Rechtsfolge vom deutschen Recht abweicht. Würde man es allein darum wegen Verstoßes gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes mit Art. 30 ausschalten, so brauchte man kein IPR. Denn bei Übereinstimmung des ausländischen Rechts mit dem deutschen ist es gleichgültig, ob deutsches oder ausländisches Recht angewendet wird; bei Abweichungen aber wäre das deutsche Recht anzuwenden. Art. 30 ist jedoch offenbar und anerkanntermaßen im System der internationalprivatrechtlichen Vorschriften des EGBGB eine Ausnahme. "

Das Reichsgericht hat einmal die Formel gebraucht28 : "Die Vorschriften, die den Zweck eines deutschen Gesetzes betreffen, sind nur solche Normen, die der Gesetzgeber in einer die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens berührenden Frage auf Grund bestimmter staatspolitischer, sozialer oder wirtschaftlicher Anschauungen, nicht nur aus bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen, gegeben hat."

In jenem Fall ging es darum, ob der Grundsatz des deutschen Warenzeichenrechts, wonach nur für tatsächlich vertriebene Waren ein Warenzeichen eingetragen werden kann, einen derartig hohen Rang hat. Dies wurde damals vom RG bejaht: ". . . handelt es sich hier aber gerade um eine Vorschrift dieser Art, die nicht etwa nur auf der Abwägung einander gegenüberstehender Einzelbelange und auf bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen von untergeordneter Bedeutung beruht, sondern zum Nutzen der Allgemeinheit erlassen worden ist und eine derartige Bedeutung hat, daß sie einen der wesentlichsten Pfeiler des deutschen Warenzeichenrechts bildet."

Der Ansatz des Reichsgerichts, daß nach den Gesetzeszwecken differenziert werden müsse, um den Anwendungsanspruch inländischer Gesetze zu rechtfertigen, verdient Beifall. Hingegen erscheinen die vom RG zur Differenzierung herangezogenen Kriterien als nicht brauchbar. Die Differenzierung zwischen wesentlichen Vorschriften und solchen von untergeordneter Bedeutung umschreibt die Fragestellung, gibt aber keine Antwort. Die Gegenüberstellung der Abwägung von Einzelbelangen mit der Förderung des Gemeinwohls geht von der unzutreffenden Prämisse aus, daß der ordre public nie dem Schutz von Einzelbelangen diene. Hingegen wird der Kategorie "Zweckmäßigkeit" noch nachzugehen sein.

b) Typen zwingender Normen im materiellen Recht

Eine differenzierte Behandlung inländischer zwingender Normen im internationalen Vertragsrecht wird es unternehmen müssen, ausgehend vom gesetzgeberischen Zweck, verschiedene Kategorien zwingender Normen im deutschen materiellen Vertragsrecht voneinander abzugrenzen. Hier bietet sich folgende Typologie an:

(a)

Zweckmäßigkeitsvorschriften,

(b)

Schutz rechtsethischer Grundwerte,

(c)

Ausgleich typischer Ungleichgewichtslagen.

(a) Zweckmäßigkeitsvorschriften

Der Zweckmäßigkeit dienen Verjährungsvorschriften, deren Ausschluß und Verlängerung nach § 225 BGB ausgeschlossen ist. Internationalprivatrechtliche Konsequenz ist anerkanntermaßen, daß die Verjährungsvorschriften des Vertragsstatuts anzuwenden sind; eine inländische Partei kann sich bei ausländischem Vertragsstatut nicht auf die kürzere Verjährung des deutschen Rechts berufen. Formvorschriften dienen unterschiedlichen Zwecken: Abschlußklarheit, Inhaltsklarheit und Übereilungsschutz, wobei Abschluß- und Inhaltsklarheit der Zweckmäßigkeit dienen29 . Der Übereilungsschutz ist, jedenfalls bei der privatschriftlichen Form, nicht hoch zu veranschlagen, so daß im allgemeinen Zweckmäßigkeitsgründe bei Formvorschriften überwiegen. Internationalprivatrechtliche Konsequenz des Zweckmäßigkeitscharakters der Formvorschriften ist, daß die maßgebliche Form - in favorem validitatis - alternativ vom Vertragsstatut und dem Abschlußort bestimmt wird (Art. 11 EGBGB)30 .

Streitig ist, ob das Zinseszinsverbot des § 248 BGB Ausbeutung unterbinden oder Zinsklarheit fördern will. Karsten Schmidt31 hat überzeugend entwickelt, daß in einem System der grundsätzlichen Zinsfreiheit das Zinseszinsverbot ungeeignet ist, Ausbeutung zu unterbinden, insbesondere da Vertragsstrafen bei unpünktlicher Zinszahlung zulässig sind. Also dient das Zinseszinsverbot der Zinsklarheit und ist damit eine Zweckmäßigkeitsvorschrift mit der Konsequenz internationaler Abdingbarkeit.

(b) Rechtsethische Grundwerte

Das klassische Bürgerliche Recht kennt Generalklauseln, in denen rechtsethische Grundwerte von zwingender Geltung festgehalten sind (§ 138, § 242 BGB), die auch Konkretisierung in einzelnen zwingenden Normen (etwa § 276 II, § 343 BGB) erfahren haben.

Hier handelt es sich fraglos um grundlegende Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Gleichwohl wird ihnen kein international zwingender Anwendungsbereich zugesprochen32 . Der 266 Grund dafür ist darin zu sehen, daß es sich bei diesen Grundwerten um "universalrechtliche" Rechtsprinzipien33 handelt, deren Geltung auch in ausländischen Rechtsordnungen vorausgesetzt wird34 . Nur bei groben Verstößen gegen diese Prinzipien findet eine nachträgliche Kontrolle am Maßstab des ordre public statt35 .

(c) Ausgleich typischer Ungleichgewichtslagen

Als Sonderprivatrecht werden neuerdings Normengruppen verstanden, deren Zweck es ist, die Privatautonomie einzuschränken, um typische Ungleichgewichtslagen zwischen den Vertragsparteien auszugleichen. Dieser Ausgleich ist im Sozialstaat Aufgabe des Gesetzgebers, während im liberalen Sozialmodell des BGB, ausgehend von der Gleichheit aller Bürger, diesen die volle Freiheit bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen zustand36 .

Zwischen dem Anwendungsbereich klassischer und sonderprivatrechtlicher zwingender Normen besteht ein grundsätzlicher Unterschied. Klassische zwingende Normen verbieten bestimmte Vereinbarungen generell; sonderprivatrechtliche zwingende Normen verbieten Vereinbarungen nur für typische Ungleichgewichtslagen, lassen diese aber bei vorhandener Vertragsparität bestehen37 .

Im deutschen materiellen Recht werden anerkannterweise drei Gruppen zwingender Normen dem Sonderprivatrecht zugeordnet38 :

-

Verbraucherschutz

-

Wohnungsmiete

-

Arbeitsrecht.

Es ist aber zu vermuten, daß damit der Bereich des Sonderprivatrechts noch nicht erschöpft ist39 .

Handelsvertreterrecht und Landpachtrecht lassen sich keiner dieser Gruppen voll zuordnen. Es geht in diesem Falle um den Schutz der Erwerbsquellen selbständiger Gewerbetreibender; wertungsmäßige Parallelen bestehen zwischen Arbeitsrecht und Schutz des Handelsvertreters einerseits sowie Wohnungsmiete und Landpacht andererseits40 .

3. Ergebnis: Sonderanknüpfung zwingenden Sonderprivatrechts

Die allseitigen Sonderanknüpfungen in Artt. 29 und 30 EGBGB beziehen sich auf Verbraucherverträge und Arbeitsverträge. Beide Vertragstypen gehören im deutschen Sachrecht dem Sonderprivatrecht an, das dem Ausgleich typischer Ungleichgewichtslagen dient. Damit ist im positiven Recht die Grundlage für folgende systematische Aussage gelegt: Zwingende Normen, die sachrechtlich dem Sonderprivatrecht zugehören, unterliegen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug einer Sonderanknüpfung. Soweit nicht eine allseitige Sonderanknüpfung in Artt. 29, 30 vorgesehen ist, ist eine einseitige Sonderanknüpfung inländischen Sonderprivatrechts nach Art. 34 EGBGB geboten. So findet die in der Begründung des Regierungsentwurfs zum IPRG 1986 getroffene Aussage, Vorschriften des Wohnungsmietrechts unterlägen einer Sonderanknüpfung41 , ihre dogmatische Rechtfertigung darin, daß auch das Wohnungsmietrecht dem Sonderprivatrecht zugehört. Weiterhin rechtfertigt sich aus dieser systematischen Aussage ganz allgemein die einseitige Sonderanknüpfung derjenigen Verbraucherschutznormen, die nicht von der allseitigen Kollisionsnorm des Art. 29 EGBGB erfaßt werden. Im Gegenzug bedeutet die Begrenzung der Sonderanknüpfung auf sonderprivatrechtlich zwingende Normen den Ausschluß der Sonderanknüpfung für sonstige zwingende Normen, also Zweckmäßigkeitsvorschriften und Konkretisierungen rechtsethischer Grundwerte.

Einer Begründung bedarf noch das Ergebnis, daß die zwingenden Normen, in denen rechtsethische Grundwerte konkretisiert werden, dem Vertragsstatut unterstellt werden, während den zwingenden Normen des Sonderprivatrechts ein besonderer internationaler Durchsetzungswille zugesprochen wird. Sachrechtlich haben diese zwingenden Vorschriften des klassischen Privatrechts sicherlich keinen geringeren Rang als die sonderprivatrechtlichen zwingenden Normen. Anders als das Sonderprivatrecht fußen sie aber nicht auf sozialpolitischen Programmen eines partikularen Gesetzgebers, sondern auf universalrechtlichen Grundwerten. Wegen dieser universalrechtlichen - vorstaatlichen - Wurzel des klassischen Privatrechts ist die Vermutung begründet, daß das ausländische Recht einen dem inländischen Recht gleichwertigen Schutz gewährt. Damit genügt zur Sicherung dieser Grundwerte der Vorbehalt des ordre public. Bei sonderprivatrechtlichen Schutznormen hingegen ist eine derartige "praesumptio similitudinis" des ausländischen Rechts regelmäßig nicht begründet. Folglich wird der dem eige nen Recht vorbehaltene Bereich durch Sonderanknüpfung durchgesetzt und nicht nur auf dem Wege der Vorbehaltsklausel.

B) Besonderer Teil

I. Die Sonderanknüpfung verbraucherschützenden Sonderprivatrechts

1. Verbraucherschützende Normen

42

Der Verbraucherschutz begann in Deutschland bereits 1894 mit dem Abzahlungsgesetz43 , hat aber erst seit 1976 mit dem AGB-Gesetz markanten Eingang in die deutsche Gesetzgebung gefunden. Aus dem gleichen Jahr stammt das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG)44 267 und die Novelle des Abzahlungsgesetzes (AbzG)45 . 1979 wurde durch das Reisevertragsgesetz ein neuer Vertragstyp in das Werkvertragsrecht des BGB (nach § 651 BGB) eingefügt46 . Schließlich dient das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften von 1986 (HausTWG)47 dem Verbraucherschutz.

2. Persönlicher Anwendungsbereich im internen Recht

48

Alle diese Regelungen stehen unter dem rechtspolitischen Leitbild des Verbraucherschutzes, grenzen aber ihren persönlichen Anwendungsbereich höchst unterschiedlich ab. In keinem dieser Gesetze findet sich aber eine ausdrückliche Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verträge mit "Verbrauchern"; so ist die Anwendung des AbzG ausgeschlossen, wenn der Empfänger der Ware eingetragener Kaufmann ist (§ 8). Das HausTWG ist nicht anwendbar, wenn der Kunde den Vertrag in Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit abschließt (§ 6 Nr. 1). Keine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher oder Ausschluß des Anwendungsbereichs für Kaufleute sehen hingegen das FernUSG und das neue Reiserecht vor. So wird auch der Unternehmer geschützt, der einen Fernkurs über Buchführung oder Fremdsprachen für berufliche Zwecke bezieht, ebenso der Unternehmer, der eine Pauschalreise in das Ausland zur Geschäftsanbahnung mit ausländischen Kunden bucht. Das AGBG nimmt bekanntlich bezüglich seines persönlichen Anwendungsbereichs eine gespaltene Position ein: Während die Kataloge der Klauselverbote nicht gelten, wenn die AGB zwischen Kaufleuten Anwendung finden (§ 24 Satz 1 Nr. 1), ist die Generalklausel des § 9 auch zwischen Kaufleuten anwendbar.

3. Internationaler Anwendungsbereich

Wie für den persönlichen Anwendungsbereich, so hat der Gesetzgeber auch für den internationalen Anwendungsbereich in den genannten Gesetzen kein einheitliches Konzept verfolgt. Ausdrücklich geregelt ist der "zwischenstaatliche Geltungsbereich" in § 11 FernUSG und in § 12 AGBG.

In § 24 Satz 1 Nr. 1 AGBG ist § 12 AGBG bei AGB's ausgeschlossen, die gegenüber Kaufleuten verwendet werden. Daraus ist zu entnehmen, daß bei Verträgen, an denen nur Kaufleute beteiligt sind, ein besonderer "zwischenstaatlicher Geltungsbereich" des AGB-Gesetzes nicht in Anspruch genommen wird. Somit ist bei Verträgen zwischen Kaufleuten, die ausländischem Recht unterliegen, eine Inhaltskontrolle am Maßstab der Generalklausel des § 9 AGBG ausgeschlossen49 .

Vereinzelt wird demgegenüber vertreten, § 24 S. 2 Hs. 1 AGBG ordne eine Anwendung der Generalklausel des § 9 auch dann an, wenn der Vertrag ausländischem Recht untersteht50 .

Der Zweck dieser Vorschrift beschränkt sich aber darauf, klarzustellen, daß die bisher von den Gerichten geübte Inhaltskontrolle interner AGB zwischen Kaufleuten nicht ausgeschlossen sein solle; nirgends ist die Absicht ersichtlich, § 9 AGBG auch im internationalen kaufmännischen Verkehr durchzusetzen51 .

4. Offene Fragen des internationalen Anwendungsbereichs

Da die Gesetze selbst keine ausdrückliche Regelung enthalten, wirft sich die Frage auf, ob die zwingenden Normen des AbzG, des Reisevertragsrechts und des HausTWG bei ausländischem Vertragsstatut Berücksichtigung verlangen. Zunächst ist zu untersuchen, inwieweit heute Art. 29 EGBGB eine allseitige Sonderanknüpfung dieser Normen vorsieht. Der Abzahlungskauf von Waren fällt sicherlich unter die Kategorie "Lieferung von beweglichen Sachen und Verträge zur Finanzierung solcher Geschäfte"52 .

Ebenso ist es unzweifelhaft, daß Pauschalreiseverträge zu den Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen i. S. von Art. 29 I EGBGB gehören (arg. Art. 29 IV S. 2)53 . Hingegen ist der sachliche Anwendungsbereich des HausTWG erheblich weiter gezogen als der von Art. 29 I EGBGB. Er erfaßt nicht nur Verträge über Warenlieferungen und Dienstleistungen, sondern sämtliche Verträge über eine entgeltliche Leistung, darunter auch etwa Darlehensverträge, Bausparverträge und sonstige Geschäfte über Kapitalanlagen, die weder Warenlieferung noch Dienstleistung nach Art. 29 I EGBGB sind. Die Problematik möge an folgendem - nicht erfundenen54 - Beispiel erläutert werden. Ein Omnibusunternehmen wirbt im Inland für eine Ausflugsfahrt nach Sylt zu einem günstigen Pauschalpreis. Am Reiseziel findet eine Verkaufsveranstaltung eines Unternehmens mit Sitz in Zürich statt, bei der Rheuma-Bettwäsche verkauft wird. Ein Teilnehmer der Ausflugsfahrt kauft für einen Gesamtbetrag von DM 6.000,- derartige Wäsche; er unterschreibt dabei einen Bestellschein, in dessen Allgemeinen Lieferbedingungen die Anwendung schweizerischen Rechts vorgesehen ist. Nach Hause zurückgekehrt, widerruft der Käufer den Vertrag nach § 1 HausTWG. Das Unternehmen widerspricht dem unter Hinweis auf die Vereinbarung schweizerischen Rechts, das ein solches Widerrufsrecht nicht kenne. Hier ergibt sich die Anwendbarkeit des HausTWG aus der Verweisung in Art. 29 I EGBGB, daß bei Warenverkäufen an Verbraucher die Anwendung ausländischen Rechts nicht dazu führen dürfe, den durch die zwingenden Normen des Aufenthaltsstaats gewährten Schutz zu entziehen.

Dieses Beispiel möge folgenderweise variiert werden: Dem Teilnehmer an der Ausflugsfahrt wird eine Beteiligung an einer Freizeitimmobilie (time-sharing) verkauft, wiederum unter Vereinbarung schweizerischen Rechts. Wäre deutsches Recht anwendbar, so wäre ein Widerrufsrecht nach § 1 HausTWG gegeben. Jedoch enthält Art. 29 I EGBGB, da es sich weder um Warenlieferung noch um Dienstleistung handelt, keine Sonderanknüpfung an das Aufenthaltsrecht des Verbrauchers.

Größere Inkongruenzen ergeben sich bezüglich des persönlichen Anwendungsbereichs von Art. 29 EGBGB und den einzelnen Verbraucherschutzgesetzen. So stellt Art. 29 EGBGB auf die Verbrauchereigenschaft ab. Ausgeschlossen sind Geschäfte, die beruflichen und gewerblichen Zwecken dienen. Das Abzahlungsgesetz ist ausgeschlossen, wenn der Empfänger der Ware eingetragener Kaufmann ist (§ 8 AbzG). Nach deutschem Recht fallen etwa Rechtsanwälte und Ärzte unter den Schutz des AbzG, auch wenn es um den Abzahlungskauf der Praxiseinrichtung geht. Schließt nun ein deutscher Arzt mit einem ausländischen Unternehmen einen Vertrag über den Kauf medizinischer Geräte auf Abzahlung 268 und wird ausländisches Recht als Vertragsstatut vereinbart, so enthält Art. 29 I EGBGB keine Verweisung auf das deutsche Abzahlungsgesetz, da die Geschäfte beruflichen Zwecken des Arztes dienen. Entsprechendes gilt für Reiseverträge: Wird der Pauschalreisevertrag von einem ausländischen Veranstalter angeboten und ausländischem Recht unterstellt, so enthält Art. 29 I EGBGB keinen Vorbehalt zugunsten deutschen Rechts, wenn die Reise dem Besuch eines Fortbildungskongresses diente.

Hingegen besteht praktisch Konformität zwischen dem persönlichen Anwendungsbereich des HausTWG und Art. 29 1 EGBGB. "Selbständige Erwerbstätigkeit" gemäß § 6 Nr. 1 HausTWG entspricht der "beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit" (Art. 29 I EGBGB).

Insgesamt bleiben also folgende Fragen offen:

-

Verlangen die Vorschriften des HausTWG Anwendung auf internationale Sachverhalte, soweit die vereinbarten Leistungen zwar gegenüber einem Verbraucher zu erbringen, aber nicht Warenlieferung oder Dienstleistung sind (Beispiel: Time-sharing einer Ferienimmobilie)?

-

Verlangen die Vorschriften des Reisevertragsrechts Anwendung auf internationale Sachverhalte, soweit die Reise beruflichen oder gewerblichen Zwecken des Reisenden dient (Beispiel: Pauschalreise zu Kongreß oder Messe)?

-

Verlangt das Abzahlungsgesetz Anwendung auf internationale Sachverhalte, soweit die Waren nicht von einem eingetragenen Kaufmann erworben werden, aber beruflichen oder gewerblichen Zwecken des Erwerbers dienen (Beispiel: Geräte für eine Arztpraxis)?

5. Lösungsvorschläge

a) Haus TWG

Zugunsten des internationalen Schutzes von Verbrauchern nach dem HausTWG sprechen folgende Wertungen:

§ 12 AGBG erstreckt den internationalen Anwendungsbereich des AGBG auf sämtliche Verbraucherverträge. Daraus sind zwei gesetzliche Wertungen zu entnehmen. Erstens: Bei Verbraucherverträgen, die nicht dem Wohnsitzrecht des Verbrauchers unterstehen, ist gleichwohl der zwingende Schutz des Wohnsitzrechts des Verbrauchers zu gewähren. Zweitens: Ein internationales Schutzbedürfnis ist nicht auf einzelne Typen von Verbraucherverträgen beschränkt, sondern bei allen Verbraucherverträgen gegeben. Art. 29 EGBGB sieht bei bestimmten Verbraucherverträgen eine allseitige Sonderanknüpfung vor. Bezüglich der von Art. 29 EGBGB nicht erfaßten Verbraucherverträge wird nicht das internationale Schutzbedürfnis von Verbrauchern abgelehnt, vielmehr in Art. 34 EGBGB gerade auch für Verbraucherverträge die Alternative einseitiger Sonderanknüpfung eröffnet. Aus § 12 AGBG und aus Artt. 29/34 EGBGB kann damit der allgemeine Schluß gezogen werden: Es ist systemkonform, eine einseitige Sonderanknüpfung zwingender verbraucherschützender Normen vorzusehen. Der inländische Gesetzgeber hat im HausTWG die Empfänger "sonstiger Leistungen" für gleich schutzwürdig angesehen wie die Empfänger von Warenlieferungen und Dienstleistungen. Im Wege einer Gesamtanalogie ist damit auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung eine einseitige Sonderanknüpfung des HausTWG vorzusehen.

b) AbzG, Reiserecht

Bezüglich der international zwingenden Anwendung des AbzG und des Reiserechts jenseits der Verbraucherverträge, also insbesondere, wenn der Empfänger der Leistung diese zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken verwendet, ist zu fragen, ob es kollisionsrechtliche Vorschriften gibt, die eine internationale Durchsetzung von Vorschriften zum Schutz von Nicht-Verbrauchern vorsehen. In der Tat bezieht § 1 FernUSG auch die Empfänger von Fernunterricht für berufliche und gewerbliche Zwecke in den Schutzbereich der Vorschrift mit ein. Weiterhin ist zu erwähnen, daß die Zweite Direktversicherungsrichtlinie der EG das internationale Schutzbedürfnis von Versicherungsnehmern nicht am Maßstab des Verbrauchers orientiert, sondern auch - in differenzierter Weise -Gewerbetreibende nicht der unbeschränkten Parteiautonomie unterstellt55 .

Auf der anderen Seite steht, daß das EGBGB selbst ganz bewußt Freiberufler und Gewerbetreibende aus dem allseitigen Schutz ausschließt. Gewichtiger ist, daß das AGBG einerseits Kaufleute internrechtlich in den persönlichen Anwendungsbereich des AGBG einbezieht, andererseits aus dem internationalen Anwendungsbereich des Gesetzes ausschließt.

Dieses Auseinanderfallen von materiellrechtlichem und internationalrechtlichem Schutz des Kaufmanns bei sonderprivatrechtlichen Ungleichgewichtslagen mag zunächst überraschen. Sie beruht auf der Besonderheit des internationalen Rechtsverkehrs, dessen besondere Ordnungsinteressen (internationalprivatrechtliche Gerechtigkeit) eine Relativierung materieller Gerechtigkeitserwägungen gebietet56 .

Auch in Gebieten, die materiellrechtlich dem Sonderprivatrecht zuzurechnen sind, gilt kein strikter Vorrang materiellprivatrechtlicher vor internationalprivatrechtlichen Interessen. Der Ausschluß des internationalen AGB-Anwendungsbereichs im kaufmännischen Verkehr findet seine Erklärung darin, daß dem Verkehrsinteresse, an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs Vorrang vor nationalen Schutzvorstellungen gegeben wird. Dieses Interesse hat im kaufmännischen Verkehr höheren Rang als im Verkehr zwischen Kaufleuten und Verbrauchern. Dies ist ein Leitprinzip des internationalen Rechtsverkehrs, das Ausdruck in einer Reihe internationaler Konventionen gefunden hat, die die internationale Rechtsvereinheitlichung auf den Handelsverkehr beschränken, so die Übereinkommen auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit57 und des internationalen Kaufrechts58 .

Damit ist einer Orientierung der Sonderanknüpfung am Leitbild des EGBGB und des AGBG der Vorzug zu geben gegenüber dem FernUSG.

c) Beschränkung auf Verbrauchergeschäfte

Zu klären bleibt, ob dem AGBG bei der Bestimmung des internationalen Anwendungsbereichs des Abzahlungsrechts zu folgen ist, so daß zwar Kaufleute nicht international geschützt werden, aber Angehörige der freien Berufe. Auch hier gebietet es das internationalprivatrechtliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, bei der analogen Bestimmung des persönlichen internationalen Anwendungsbereichs des AbzG und des Reiserechts seiner internationalisierungsfähigen Form den Vorzug zu geben. Damit ist für eine einseitige Sonderanknüpfung des AbzG und des Reiserechts -jenseits des durch Art. 29 EGBGB bestimmten allseitigen Anwendungsbereichs - kein Raum.

269

II. Die Anwendung von § 609 a BGB auf internationale Darlehensverträge

1. Grundzüge des § 609 a BGB

Nach längerer rechtspolitischer Diskussion ist § 247 BGB mit Gesetz vom 25. 7. 1986 durch § 609 a BGB ersetzt worden59 . § 247 I BGB hatte vorgesehen, daß der Schuldner bei einem Zinssatz von über 6 % das Kapital kündigen könne. Das Kündigungsrecht konnte durch Vertrag nicht ausgeschlossen und beschränkt werden.

Der neue § 609 a BGB hat ein differenziertes System von Kündigungsregeln - beschränkt auf Darlehensverträge - eingeführt60 . Grundlegend ist die Unterscheidung zwischen festverzinslichen Darlehen und solchen mit veränderlichem Zinssatz. Bei Darlehen mit veränderlichem Zinssatz besteht für den Kunden jederzeit ein Kündigungsrecht (§ 609 a II BGB). Bei festverzinslichen Darlehen besteht für den Zeitraum der Zinsbindung für den Schuldner grundsätzlich kein Kündigungsrecht (§ 609 a I Nr. 3 BGB). Geht die Zinsbindung über 10 Jahre hinaus, so besteht eine Kündigungsmöglichkeit für den Schuldner nach 10 Jahren. Für Verbraucher hingegen entsteht, wenn das Darlehen nicht durch Grundpfandrechte gesichert ist, bereits nach 6 Monaten ein solches Kündigungsrecht (§ 609 a I Nr. 2 BGB); bei grundpfandrechtlich gesicherten festverzinslichen Darlehen bleibt es bei dem allgemeinen Kündigungsrecht nach 10 Jahren.

Sowohl bei festverzinslichen Darlehen als auch bei solchen mit veränderlichem Zinssatz ist das Kündigungsrecht des Schuldners durch Vertrag nicht abdingbar (§ 609 a III BGB).

2. Normzweck von § 609 a BGB allgemein

Um den Normzweck von § 609 a BGB zu ermitteln, soll zunächst die entsprechende Diskussion zu § 247 BGB aufgegriffen werden61 . § 247 BGB ersetzte gesetzliche Höchstzinsvorschriften der Partikularrechte und wurde vom BGB - Gesetzgeber als Schutzvorschrift gegen den Mißbrauch der wirtschaftlichen Übermacht des Gläubigers verstanden. Nach dem in der Realität des Wirtschaftslebens ein Zinssatz von 6 % und mehr längst zum Marktzins geworden war, ließ sich das Unwerturteil gegenüber dieser Zinshöhe nicht mehr als Normzweck aufrechterhalten. Der Zweck der Kündigungsregel beschränkte sich darauf, dem Schuldner eine Anpassung an den Marktzins zu ermöglichen, ohne daß die ursprüngliche Zinsvereinbarung wegen der Zinshöhe mit einem Unwerturteil belegt werden konnte62 .

§ 609 a BGB hat nun das generelle Kündigungsrecht des Schuldners des § 247 BGB durch eine differenzierte Regelung ersetzt. Bei Festzinsvereinbarungen besteht kein Kündigungsrecht des Schuldners mehr; er ist bis zu 10 Jahre an den vereinbarten Zinssatz gebunden (§ 609 a I BGB). Diese Regelung hat ihr Vorbild in § 18 II des Hypothekenbankgesetzes von 189963 . Nur bei Darlehen mit veränderlichem Zinssatz steht dem Schuldner ein Kündigungsrecht zu und zwar unabhängig von der Höhe der zu zahlenden Zinsen (§ 609 a II BGB). Gemeinsamer Rechtsgedanke hinter den Kündigungsrechten des § 609 a I und II BGB ist, daß Dauerschuldverhältnisse nur begrenzt eingegangen werden dürfen, da sonst die persönliche und wirtschaftliche Freiheit übermäßig eingeschränkt würde64 .

Einzugehen ist noch auf die Ansicht, § 609 a BGB bezwecke primär gar nicht Schuldnerschutz, sondern Wirtschaftslenkung: durch Niedrighalten der Kreditzinsen solle die Wirtschaft ermutigt werden, Investitionen durch Kredit zu finanzieren. Den französischen Vorschriften über die Höchstzinsen65 wird allerdings der Zweck, den Kreditmarkt zu lenken, zuerkannt; Schuldnerschutz sei nur eine Nebenwirkung. Deshalb wird auch als Normadressat die französische Kreditwirtschaft angesehen; auf den Wohnsitz des Schuldners kommt es nicht an. Internationalprivatrechtlich unterstehen die Höchstzinsvorschriften des französischen Rechts nicht dem Vertragsstatut, sondern unterliegen als "lois d'application immédiate" einer Sonderanknüpfung66 . Eine Vielzahl US-amerikanischer einzelstaatlicher Gesetze kennt ebenfalls Höchstzinsvorschriften67 . Aus deren persönlichem Anwendungsbereich sind aber in vielen Einzelstaaten juristische Personen (corporations) ausgeschlossen68 . Den Höchstzinsvorschriften wird einhellig privatschützender Charakter zugesprochen und ihre Anwendung den Regeln des privaten Kollisionsrechts unterstellt, also dem Vertragsstatut69 .

§ 247 BGB hatte allerdings auch ordnungspolitisch relevante Wirkungen. Wenn die Bundesbank aus konjunkturpolitischen Gründen den Zins verbilligt, so bewirkt dies eine Senkung der Zinskonditionen der Banken bei neuen Darlehen und fördert die Investitionstätigkeit. Der niedrige Zins gibt auch Altschuldnern, wenn ihnen ein Kündigungsrecht zusteht, die Möglichkeit der Umschuldung zu günstigeren Zinskonditionen und verbreitet damit virtuell die Bereitschaft zu neuen Investitionen. Gegenteilig ist hingegen die Wirkung in Zeiten der konjunkturellen Überhitzung, auf welche die Bundesbank mit Hochzinspolitik reagiert. Hier kann das Kündigungsrecht des § 247 BGB den Abschreckungseffekt der hohen Zinsen mildern: der Schuldner braucht Investitionen nicht zurückzustellen, weil er damit rechnen kann, in Zeiten sinkender Zinsen durch Wahrnehmung des Kündigungsrechts umschulden zu können70 .

§ 247 BGB hatte also einen ambivalenten ordnungspolitischen Effekt: Er unterstützte Ordnungspolitik bei Niedrigzinsphasen, er unterlief sie in Hochzinsphasen. Dies aber schließt es aus, die ordnungspolitische Funktion des Kündigungsrechts gegenüber dem Individualschutz in den Vordergrund zu stellen71 .

Erst recht wäre es verfehlt, dem Kündigungsrecht des § 609 a BGB primär ordnungspolitische Funktion zuzuschreiben. Einerseits ist das Kündigungsrecht bei Festzinsdarlehen 270 ausgeschlossen. Damit ist in Niedrigzinsphasen die Verbreiterung der Investitionsbereitschaft durch Umschuldung eingeschränkt. Außerdem ist ein Kündigungsrecht der öffentlichen Hand nicht zwingend vorgesehen; wäre mit § 609 a BGB Konjunkturpolitik beabsichtigt worden, dann wären auch öffentlich-rechtlichen Schuldnern Neuinvestitionen durch Umschuldung ermöglicht worden.

Insgesamt ist der Zweck der allgemeinen Kündigungsrechte von § 609 a BGB nicht im Ausgleich typischer Ungleichgewichtslagen zu sehen, sondern als Konkretisierung einer immanenten Schranke von Dauerschuldverhältnissen.

3. Kündigungsrecht bei Verbraucherdarlehen

Durch den neuen § 609 a BGB sollte aber nicht nur der alte § 247 BGB reformiert werden; gleichzeitig sollte - in antezipiertem Gehorsam - eine EG-Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit72 in das deutsche Recht umgesetzt werden. Dort wurde die Berechtigung des Verbrauchers, seine Verbindlichkeiten unter Ermäßigung der Gesamtkreditkosten vorzeitig zu erfüllen, festgelegt (Art. 8). Das besondere Kündigungsrecht des Verbrauchers bei Festzinsdarlehen in § 609 a I Nr. 2 setzt diese Richtlinie um. Bezüglich Darlehen mit veränderlichem Zinssatz ist kein besonderes Kündigungsrecht des Verbrauchers in § 609 a II vorgesehen. Dies bedeutet allerdings nicht, daß eine Umsetzung der Richtlinie nicht erfolgt ist. Vielmehr umfaßt das allgemeine Kündigungsrecht des § 609 a II auch Verbraucherdarlehen, so daß eine Sondervorschrift entbehrlich war. Damit verfolgt § 609 a Il neben dem bereits genannten allgemeinen zivilrechtlichen noch einen besonderen Zweck: Verbraucherschutz gegenüber gewerblichen Kreditgebern. Dieser verbraucherschützende Zweck ist heute - wegen des breiten persönlichen Anwendungsbereichs von § 609 a II - nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift erkennbar, aber gleichwohl in ihr enthalten. So wäre es dem Gesetzgeber verwehrt, § 609 a II ersatzlos zu streichen, soweit Verbraucherkredit in Rede steht.

4. Internationaler Anwendungsbereich

Auf die Frage nach dem internationalen Anwendungsbereich von § 609 a BGB sind verschiedene Antworten denkbar:

a) Keine wirtschaftspolitische Vorschrift

§ 609 a wird als wirtschaftspolitische Vorschrift aufgefaßt, die den Zweck verfolgt, das Zinsniveau im Inland niedrig zu halten. Internationalrechtliche Folge wäre die Anwendung von § 609 a BGB auf alle Darlehen, die von Geldgebern mit Sitz im Inland oder in inländischer Währung gegeben werden, unabhängig davon, welches Recht Vertragsstatut ist. Oben wurde aber bereits dargelegt, daß die Vorschrift Schuldnerschutz bezweckt, nicht Wirtschaftspolitik73 .

b) Keine Beschränkung auf inländische Schuldner

Wenn § 609 a Schuldnerschutz bezweckt, so liegt die weitere Annahme nahe, § 609 a bezwecke nur den Schutz inländischer Schuldner und sei selbst dann nicht zwingend, wenn deutsches Recht Vertragsstatut ist, der Schuldner aber seinen Wohnsitz im Ausland hat74 .

Die deutsche Kreditwirtschaft hatte im Gesetzgebungsverfahren den Wunsch vorgetragen, das auslandsbezogene Kreditgeschäft aus dem Anwendungsbereich von § 609 a BGB auszuschließen, zumindest aber seine Anwendung auf Schuldner auszuschließen, die Kaufleute, juristische Personen und öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind und ihren Sitz im Ausland haben75 . Dem ist der Gesetzgeber nicht gefolgt.

Im Schrifttum wird aber gleichwohl gelegentlich die Ansicht vertreten, § 609 a sei bei internationalen Krediten derogierbar76 .

Die Fragestellung sei an folgendem Beispiel illustriert:

Eine deutsche Bank gibt einem finnischen Unternehmen einen längerfristigen Kredit mit veränderlichem Zinssatz. Vereinbart ist die Anwendung deutschen Rechts und die Zuständigkeit deutscher Gerichte. Die Anwendbarkeit von § 609 a BGB wird vertraglich abbedungen. Kann das finnische Unternehmen gleichwohl den Darlehensvertrag kündigen, weil es sich auf dem internationalen Markt anderweitig billiger eindecken kann?

Vertragsstatut ist kraft Rechtswahl deutsches Recht. Das Vertragsstatut ist insbesondere maßgebend für "die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen" (Art. 32 I Nr. 4 EGBGB), es hat also über die Kündigung zu befinden. Allgemein gilt, daß die zwingenden Vorschriften des Vertragsstatuts anzuwenden sind77 .

Dies gilt auch dann, wenn die Parteien eine Rechtsordnung gewählt haben und die gewählte Rechtsordnung den Vertrag insgesamt oder eine einzelne Vertragsbestimmung für nichtig erklärt78 .

Ist nun deutsches Recht zur Anwendung berufen, so stellt sich die Frage, ob § 609 a BGB auf Sachverhalte mit Auslandsbeziehung anzuwenden ist. In der Tat gibt es im deutschen Recht vereinzelt materiellrechtliche Sondervorschriften für "Auslandssachverhalte". So sind die zwingenden Vorschriften des HGB über den Handelsvertreter dispositiv, wenn der Handelsvertreter keine Niederlassung im Inland hat (§ 92 c I HGB). Diese Vorschrift beschränkt also den Schutz des HGB auf inländische Handelsvertreter. Nun fragt sich aber, ob aus einer Sachnorm eine derartige räumliche Beschränkung herausgelesen werden kann, wenn sie diese nicht selbst ausdrücklich vornimmt. Eine derartige Beschränkung müßte sich auf die generelle Annahme stützen, ein Staat wolle mit seinen zwingenden Normen nur die Interessen schützen, mit denen er besonders verbunden ist durch Wohnsitz oder Lageort79 . Schuldnerschutzvorschriften wie etwa Verjährungsvorschriften des Vertragsstatuts wären in ihrer Anwendung davon abhängig, ob der Schuldner seinen Wohnsitz im Gebiet des Vertragsstatuts hat. Würde der Schutz des Vertragsstatuts auf dessen Gebietsangehörige beschränkt, so wäre aber die Grundannahme des Internationalen Vertragsrechts, ausländisches Recht biete Inländern gleichwertigen Schutz wie inländisches, zerstört. Inländisches Recht müßte, soweit der Schutz des Inländers in Frage steht, das Vertragsstatut überlagern80 . Damit wäre die Anwendung inländischen zwingenden Rechts neben dem Vertragsstatut die Regel und nicht, wie Art. 34 EGBGB vorsieht, die Ausnahme. Aus Sachnormen kann somit eine räumliche Selbstbeschränkung nicht herausgelesen werden, wenn sie nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde81 .

271

Mit entsprechenden Erwägungen hat der BGH es auch abgelehnt, die Anwendung von § 313 BGB auf inländische Grundstücke zu beschränken, und die Vorschrift auch dann angewandt, wenn der Vertrag über ein ausländisches Grundstück deutschem Recht unterstand82 .

c) Maßgeblichkeit des Vertragsstatuts

Oben wurden verschiedene Typen zwingender Normen herausgearbeitet, die jeweils unterschiedlichen Zwecken dienen und damit auch einen unterschiedlichen internationalen Durchsetzungswillen haben83 . Diesem Ansatz soll nun auch für die Bestimmung des internationalen Anwendungsbereichs von § 609 a BGB gefolgt werden. Das allgemeine Kündigungsrecht des § 609 a BGB ist - wie ausgeführt - Konkretisierung einer immanenten Schranke der Bindungswirkung von Dauerschuldverhältnissen, die ihren Grund in § 242 BGB hat. Damit gehört es zu den Vorschriften, die rechtsethische Grundwerte sichern. Internationalprivatrechtlich wird der Schutz rechtsethischer Grundwerte dem Vertragsstatut anvertraut. Also beantwortet bei einem internationalen Darlehensvertrag das Vertragsstatut die Frage, ob und wann dem Darlehensschuldner ein zwingendes gesetzliches Kündigungsrecht zusteht. Der inländische Schuldner kann sich nicht auf § 609 a BGB berufen, wenn ausländisches Recht Vertragsstatut ist. Eine Kontrolle des ausländischen Rechts am Maßstab des ordre public kommt nur in Extremfällen in Betracht, etwa wenn eine langfristige Bindung an ein Darlehen mit veränderlichem Zins ohne bestimmten Bezugsmaßstab (Libor, Interbankzins) vorgesehen ist. Auch ist der genügende Inlandsbezug nur bei Schuldnern mit inländischem Wohnsitz gegeben.

Es ist offenbar, daß dem ausländischen Schuldner, wenn ausländisches Recht als Vertragsstatut vereinbart ist, kein Rückgriff auf § 609 a BGB zusteht, auch wenn der Darlehensgläubiger seinen Sitz im Inland hat. Hat also eine deutsche Bank mit einem finnischen Unternehmen in einem langfristigen Darlehen mit veränderlichem Zinssatz die Anwendung englischen Rechts vereinbart und eine vorzeitige Kündigung ausgeschlossen, so bleibt es bei der nach englischem Recht zulässigen Bindung. Diese Möglichkeit der Vereinbarung eines neutralen Rechts nimmt damit § 609 a BGB praktisch viel von seiner Bedeutung in internationalen Darlehensverträgen; denn gerade die Rechtsordnungen, die typischerweise als 82 Vertragsstatut für internationale Darlehensverträge gewählt werden, enthalten keine dem § 609 a BGB vergleichbaren Bestimmungen84 . Freilich müssen inländische Kreditgeber, anders als ihre ausländischen Konkurrenten, auf den Vorteil verzichten, Verträge ihrer vertrauten Rechtsordnung zu unterstellen85 . Die kollisionsrechtliche Teilverweisung, die nach neuem Recht uneingeschränkt zulässig ist86 , läßt es sogar zu, den Darlehensvertrag grundsätzlich deutschem Recht zu unterstellen, die Kündigungsmöglichkeiten des Kreditnehmers aber ausländischem, etwa Schweizer oder englischem Recht. Damit ist für den Kreditgeber einerseits der Vorteil der Anwendung des vertrauten Inlandsrechts weitgehend erhalten, andererseits die Anwendbarkeit von § 609 a BGB ausgeschaltet. Das Ergebnis ist auch rechtspolitisch nicht anstößig. § 609 a BGB ist rechtsvergleichend betrachtet eine Singularität87 ; seine Ausschaltung bei internationalen Kreditgeschäften dient der Schaffung gleicher Konditionen auf dem internationalen Kreditmarkt88 .

d) Sonderanknüpfung bei Verbraucherdarlehen

Das in § 609 a BGB eingeräumte Kündigungsrecht bei 88 Verbraucherkrediten stellt - wie alle Verbraucherschutzvorschriften - einen sonderprivatrechtlichen Ausgleich von Ungleichgewichtslagen dar.

Für die internationalprivatrechtliche Behandlung von § 609 a ergibt sich für Verbraucherkredite folgendes:

Die allseitige Sonderanknüpfung von Art. 29 EGBGB greift nicht unmittelbar ein; denn Art. 29 erfaßt nicht reine Darlehensverträge, sondern nur Verträge zur Finanzierung von Warenlieferungen oder Dienstleistungen89 . Jedoch ist in rechtsanaloger Anwendung von Art. 29 EGBGB und § 12 AGBG - wie bei Haustürgeschäften - eine einseitige Sonderanknüpfung der Kündigungsvorschriften des § 609 a BGB für Verbraucherdarlehen vorzunehmen. Erfaßt von dieser Sonderanknüpfung wird nicht nur das besondere Kündigungsrecht der Verbraucher bei Festzinsdarlehen nach § 609 a I Nr. 2, sondern - soweit Verbraucherkredit betroffen ist - auch das Kündigungsrecht des § 609 a II bei veränderlichem Zinssatz. Wollte man die Sonderanknüpfung von § 609 a II verneinen, weil die Vorschrift persönlich nicht au f Verbraucher beschränkt ist, so würde nicht nur die "auch-verbraucherschützende" Zielsetzung der Vorschrift verkannt, sondern auch das ungereimte Ergebnis erzielt, daß dem Verbraucher bei den riskanteren Darlehensverträgen mit veränderlichem Zinssatz ein internationaler Schutz verweigert würde, der ihm bei Darlehen mit festem Zinssatz gewährt wird.

Freilich ist erforderlich, daß der in Art. 29 I Nr. 1 oder 2 EGBGB genannte besondere Inlandsbezug bei der Vertragsanbahnung vorliegt. Hat ein Schweizer Finanzierungsinstitut im Inland für Verbraucherkredite geworben und der deutsche Darlehensnehmer im Inland den Vertrag unterschrieben, so steht er unter dem Schutz von § 609 a BGB, auch wenn Schweizer Recht Vertragsstatut ist.

1So etwa BAG, 5. 9. 1972, AP Nr. 195 zu § 242 = IPRspr. 1972 Nr. 142 (sachliche Beziehung zum Bereich des gewählten Rechts). Noch heute sieht Mincke Die Parteiautonomie: Rechtswahl oder Ortswahl?, IPRax 1985, 313, 315 f., die Rechtswahl als bloße Lokalisierung des Vertrages an. Diese Ansicht ist nach neuem Recht nicht mehr haltbar. Vgl. E. Lorenz, Die Rechtswahlfreiheit im internationalen Schuldvertragsrecht, RIW 1987, 563, 570 f., der treffend von einem Funktionswandel der kollisionsrechtlichen Rechtswahl spricht. Dazu näher unter 13.
2Für die Rechtswahl in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verlangte noch der - durch das IPR-Gesetz 1986 aufgehobene - § 10 Nr. 8 AGBG ein "anerkennenswertes Interesse". Aus dem Schrifttum M. Wolff, IPR³ (1954) 139; Raape, IPR [5]; (1961) 461 f.
3Soergel-Kegel, BGB VIII [11]; (1984) Vor Art. 7 EGBGB Rz. 332.
4Zumindest mißverständlich Reithmann-Martiny, Internationales Vertragsrecht [4]; (1988) Rz. 32: "doch können nach hier vertretener Auffassung zwingende Bestimmungen dadurch nicht umgangen werden".
5Ablehnend etwa Simitis, JuS 1966, 21; Vischer, Internationales Vertragsrecht (1962) 59 f.; Raape, IPR, 471 verlangt Sachdienlichkeit der Teilverweisung.
6Vgl. aber Stoll, Rechtliche Inhaltskontrolle bei internationalen Handelsgeschäften, FS Kegel (1987) 623, 648: "Auch bedeutet die Zulassung einer partiellen Rechtswahl nicht, daß die Parteien mißliebige Normen der einen Rechtsordnung gegen andere Normen einer anderen Rechtsordnung gleichsam austauschen könnten". Wo Stoll einen Anhaltspunkt für diese Grenze sieht, bleibt offen. - Immerhin hatte sogar die deutsche Rechtsprechung den Ausschluß des gewählten Rechts für mißliebige Bestimmungen des gewählten Rechts gebilligt, KG v. 7. 3. 1935, IPRspr. 1934 Nr. 92. Dazu Staudinger-Firsching, EGBGB 2 b [10/11]; (1978) Vor Art. 12 Rz. 341.
7note_text">Lagarde, Le dépeçage dans le droit international privé des contrats, Riv. dir. int. priv. proc. 11 (1975) 649-677.
8Nach Art. 120 II des Schweizer IPRG 1988 ist eine Rechtswahl für Verbraucherverträge hingegen ausgeschlossen; ähnlich wie Art. 29 EGBGB hingegen § 41 II des österreichischen IPRG 1978. Dazu näher Kröger, Der Schutz der "marktschwächeren" Partei im Internationalen Vertragsrecht (1984) 155.
9Hierzu näher Kröger (vorige N.) 179 ff.; Reithmann-Martiny (oben N. 4) 441 ff.
10Art. 12 EGBGB: Sonderanknüpfung der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit an den Abschlußort; Maßgeblichkeit des Absatzortes bei Produkthaftpflicht, vgl. Soergel-Lüderitz, BGB VIII [11] (1984) Art. 12 Rz 21. Den wertungsmäßigen Zusammenhang der Anknüpfung von Verbraucherschutz und Produkthaftung betont Stoll, FS Beitzke (1979) 775.
11Vgl. Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR[2] (1976) §§ 10 12, 51.
12Nach Art. 35 I EGBGB ist bei der Anknüpfung vertraglicher Schuldverhältnisse die Rückverweisung unbeachtlich.
13Dazu Junker, Die "zwingenden" Bestimmungen im neuen internationalen Arbeitsrecht, IPRax 1989, 69, 74.
14Bundestags-Drucksache 10/503, S. 49.
15Giuliano/Lagarde, Bericht, Bundestags-Drucksache 10/503, S. 36.
16Gamillscheg, Ein Gesetz über das internationale Arbeitsrecht, ZfA 1983, 307 343; Morse, The EEC Convention on the Law Applicable to Contractual Obligations, Yearbook of European Law 2 (1982) 107, 144.
18RG 28. 3. 1931, JW 1931, 591 = IPRspr. 1931 Nr. 7; OLG Hamm v. 7. z. 1977, IPRspr. 1977 Nr. 10 = NJW 1977, 1594 = RIW/AWD 1977, 781, m. Anm. Dörner. Zu beiden Entscheidungen Kröger (oben N. 8) 102-106.
19Bundestags-Drucksache 10/504 S. 84.
20Kegel, Die selbstgerechte Sachnorm, FS Ehrenzweig (1976) 51-87; Kropholler Das kollisionsrechtliche System des Schutzes der schwächeren Vertragspartei, RabelsZ 42 (1978) 634; Stoll, Internationalprivatrechtliche Probleme bei Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen, FS Beitzke (1979) 759 774; Kröger (oben N. 8) 115. Immerhin wird in Soergel-Kegel (oben N. 3) Vor Art. 7 Rz. 392 eine unilaterale Sonderanknüpfung "sozialpolitischer Vorschriften" erwogen.
21Stoll (vorige N.) 774.
22Kropholler (oben N. 20) 649; W. H. Roth, Internationales Versicherungsvertragsrecht (1985) 497; so wohl auch Kegel (oben N. 20) 74.
23Ähnlich W. H. Roth (vorige N.) 497.
24So ausdrücklich Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 60 zu Art. 7 II des Übereinkommens. "Dieser Absatz ist auf den Wunsch einiger Delegationen zurückzuführen, die Anwendung jener Bestimmungen des Rechts des Staates des angerufenen Gerichts sicherzustellen, die den Sachverhalt ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht zwingend regeln (vor allem auf den Gebieten des Kartell- und Wettbewerbsrechts, des Rechts zur Bekämpfung wettbewerbsbeschränkender Praktiken, des Verbraucherschutzrechts und des Beförderungsrechts)". Gegenstandslos sind damit die Bedenken von Kegel, IPR6 434 der erwägt, ob § 12 AGBG und § 11 FernUSG (weil nicht von Art. 29 EGBGB erfaßt) unwirksam geworden seien, hierbei aber nicht Art. 34 EGBGB berücksichtigt, der klarstellt, daß der Vereinheitlichungswille des Übereinkommens nicht dahin geht, einseitige Sonderanknüpfungen zu verbieten. Auch der Vorschlag von Kleinschmidt, Zur Anwendung zwingenden Rechts im internationalen Vertragsrecht . . . (1985) 278 f., Art. 7 II des Römischen Übereinkommens durch Ausgliederung "international zwingenden Parteischutzrechts" teleologisch zu reduzieren, steht im Widerspruch zur Absicht des Übereinkommens.
25Vgl. von Hoffmann, Rev. crit. 1977, 636, 637.
26Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Börsengesetzes, Bundestags-Drucksache 11/4177 (13. 3. 1989). § 61 (neu): "Aus einem Börsentermingeschäft können ohne Rücksicht auf das darauf anzuwendende Recht keine weitergehenden Ansprüche, als nach deutschem Recht begründet sind, gegen eine Person geltend gemacht werden, 1. für die das Geschäft nach § 53 nicht verbindlich ist, 2. die ihren gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit des Geschäftsabschlusses im Inland hat und 3. die im Inland die für den Abschluß des Geschäfts erforderliche Willenserklärung abgegeben hat." Zu Recht kritisch zu dem überzogenen Anwendungsbereich des bisherigen Art. 61 BörsG Kroeger (oben N. 8) 112 f.
27Soergel-Kegel, BGB 11th. Ed. VIII (1984) Art. 30, Rz. 9.
28RG v. 29. 6. 1942, RGZ 169, 240, 245.
29von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs (1982) 134.
30Vgl. allerdings die Ausnahme des Art. 29 III EGBGB bezüglich der Form von Verbraucherverträgen.
31Das Zinseszinsverbot, JZ 1982, 828-835.
32Vgl. nur Soergel-Hefermehl, BGB I [12] (1988) § 138 Rz. 7: "anerkannte Rechts- und Grundwerte des Gemeinschaftslebens"; Soergel-Teichmann, BGB II/1 11th. Ed. (1986) § 242 Rz. 6 mit zustimmendem Hinweis auf Hedemann's Formel vom "königlichen Paragraphen".
33Hierzu Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts (1956) 346.
34Neuhaus (oben N. 11) 33 spricht von der internationalen Fungibiltät der nationalen Privatrechtsnormen.
35Stoll, Rechtliche Inhaltskontrolle bei internationalen Handelsgeschäften, FS Kegel (1987) 623, 634, sieht §§ 138, 242 BGB als "Bestandteil des deutschen ordre public" an. Dies darf aber nicht bedeuten, daß sämtliche Konkretisierungen dieser Generalklauseln auch über den ordre-public-Vorbehalt durchzusetzen sind. Treffend Staudinger-J. Schmidt, BGB § 242 (1981) Rz. 273.
36Grundlegend Wieacker, Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher und die Entwicklung der modernen Gesellschaft (1953) 16 ff., 21 ff. ("Sozialrecht").
37Lieb, Sonderprivatrecht für Ungleichgewichtslagen? Überlegungen zum Anwendungsbereich der sogenannten Inhaltskontrolle privatrechtlicher Verträge, AcP 178 (1978) 196, 206 f.
38Vgl. nur Weitnauer, Der Schutz des Schwächeren im Zivilrecht (1975), 38 ff.
39Als weitere sonderprivatrechtliche Materien sind etwa zu nennen Kapitalanlegerschutz (vgl. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken [1975]; Köstlin, Anlegerschutz und Auslandsbeziehungen [1985] 187 ff.; zur Sonderanknüpfung bei Börsentermingeschäften § 61 Börsengesetz [dazu oben N. 26] sowie beim Kauf ausländischer Investmentanteile im Inland vgl. v. Hoffmann, RabelsZ 38 [1974] 404) und das Versicherungsvertragsrecht (vgl. Roth, Internationales Versicherungsvertragsrecht [1985] 77 ff.).
40Pikalo, Das neue deutsche Landpachtrecht, NJW 1986, 1472, 1473, betont einerseits die "Parallelität mit einzelnen sozialen Wohnmietvorschriften", andererseits den Vorrang agrarwirtschaftlicher Belange mit der Zielsetzung, Verpachtungsbereitschaft und Bodenmobilität zu erhöhen. Ob das deutsche Landpachtrecht heute als dem Sonderprivatrecht zugehörig angesehen werden kann, erscheint zweifelhaft. Die Pachtschutzgesetze nach dem 1. Weltkrieg bis hin zur Reichspachtschutzordnung von 1940 standen unter dem Leitbild der Verbesserung der schwachen Stellung des Verpächters, wurden aber durch das Landpachtgesetz von 1952 weitgehend gelockert. Daran hat die Reform von 1985 nichts geändert. Die wirtschaftspolitische Zielsetzung, "Verpachtungsbereitschaft und Bodenmobilität zu erhöhen", rechtfertigt hingegen eine Sonderanknüpfung, also die Anwendung der zwingenden Vorschriften des deutschen Landpachtrechts auf alle inländischen landwirtschaftlichen Grundstücke. Für Sonderanknüpfung des Landpachtgesetzes Reithmann-Martiny (oben N. 4) Rz. 284.
41Vgl. oben N. 19; ähnlich im Ansatz Trenk-Hinterberger Internationales Wohnungsmietrecht (1977) sowie M. Keller, Schutz des Schwächeren im IPR, FS Vischer (1983) 175, 182.
42Dazu statt aller H. P. Westermann, Verbraucherschutz, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III (1983) 1-122.
43Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte v. 16. 5. 1894, RGBI. 450.
44BGBl. 1976 1, 2525.
45G. v. 15. 5. 1974 BGBl. 1, 1169.
46 >G. v. 4. 5. 1979, BGBl. I, 509.
47G. v. 16. 1. 1986, BGBl. 1, 122.
48Zum folgenden insbesondere H. P. Westermann (N. 42) 42 f., 48, 56 f.
49Drobnig, Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handelsverkehr, FS Mann (1979) 591, 611; Stoll, Rechtliche Inhaltskontrolle bei internationalen Handelsgeschäften, FS Kegel (1987) 623, 634; Boll, Ausländische AGB und der Schutz des ausländischen kaufmännischen Kunden, IPRax 1987, 11, 12; Lindacher, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 2 (1989) § 12, Rz. 4.
50Kegel, IPR [6] (1987) 434.
51Näher dazu Drobnig (oben N. 49), 611 f.; mißverständlich allerdings Drobnigs Formulierung, es handele sich um ein Redaktionsversehen; richtigerweise kommt eine teleologisch-systematische Auslegung von § 24 S. 2 1. Hs. überhaupt nicht zu dem Ergebnis, daß die Anwendung von § 9 im kaufmännischen Verkehr vorbehalten sei.
52Kröger (oben N. 8).
53Reithmann-Martiny (oben N. 4) Rz. 447.
54Verf. hat die Unterlagen eingesehen.
55Zweite Richtlinie des Rates v. 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung. . . , AB1. L. 172 v. 4. 7. 1988.
56Vgl. nur Kegel, IPR6 (1987) 82 ff.
57New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche v. 10. 6. 1958, Vorbehaltungsmöglichkeit Art. I Abs. 3 S. 2; Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit v. 21. 4. 1961.
58Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 11. 4. 1980, Art. 2 a (Ausschluß von Verbraucherkäufen).
59BGBl. I 1169. Dazu Häuser/Welter, Neues Recht der Darlehenskündigung, NJW 1987 17-21; v. Rottenburg, Die Reform des gesetzlichen Kündigungsrechts für Darlehen - statt Zinssatz - Fristenregelung, WM 1987, 1-6; Döll, Kündigungsrecht bei Darlehen geändert, Die Bank 1987, 39-45 sowie die grundlegende Kommentierung des § 609 a BGB durch H. P. Westermann in MünchKomm 3/1 2nd. Ed. (1988).
60Schuldverschreibungen gemäß § 793 BGB haben zwar den wirtschaftlichen Zweck der Kreditaufnahme, sind aber keine Darlehen. Durch die systematische Einstellung des Kündigungsrechts in die Vorschriften über Darlehensverträge war es entbehrlich, den Ausschluß des Kündigungsrechts, der ursprünglich in § 247 II BGB geregelt war, aufrechtzuerhalten. § 609 a BGB ist wie die anderen Vorschriften über Darlehen (§§ 607 ff. BGB) auf Schuldverschreibungen ohnehin nicht anwendbar. So auch die Begründung zum Referentenentwurf, ZIP 1985, 1291, 1294. Ebenso von Rottenburg (vorige N.) 6; MünchKomm - H. P. Westermann (vorige N.) § 609 a Rz.11; ohne Begründung a. A. Häuser/Welter (vorige N.) 19.
61Dazu statt aller Staudinger - Karsten Schmidt, BGB, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 243-254 12th. Ed. (1983), § 247, Rz. 2.
62Karsten Schmidt (vorige N.) Rz. 3.
63Hypothekenbankgesetz v. 13. Juli 1899 (RGBI. I 375).
64Vgl. Larenz, SchuldR AT 13th. Ed. (1982) 30 mit Fn. 43 (allgemein) sowie Otto v. Gierke, JhJB 65 (1914) 380, der auch § 247 BGB als Ausfluß dieses Rechtsprinzips ansah; Staudinger-Karsten Schmidt (oben N. 61) § 247 Rz. 4: "innere Vertragsgerechtigkeit bei Dauerschuldverhältnissen". Luig, AG 1979, 149, sieht als gemeinsame Wurzel von § 247 BGB und § 18 II Hypothekenbankgesetz an "daß sie die Bedingungen dafür schaffen wollen, daß die Parteien sich nicht völlig ihrer Freiheit begeben, einen gerechten Zins zu vereinbaren."
65Loi no. 66 -1010 du 28 décembre 1966 relative à l'usure.
66Stoufflet, Les conflits de lois en matière de crédits bancaires, Trav. coin fr dip 1966-69, 91, 102; Fouchard La loi française et les opérations bancaires liées à l'activité internationale, Revue de jurisprudence commerciale 1984, 68, 76 f.; Mattout, Droit bancaire international (1987), 62. - In Italien für Maßgeblichkeit des Vertragsstatuts Radicati di Brozolo, Operazioni bancarie internazionali e conflitti di leggi (1984) 238.
67Vgl. Crandall/Hagedorn/Smith, Debtor-Creditor Law Manual (1985) 3-2.
68(vorige N.) 3. 11 bei Fn. 48.
69Dazu ausführlich Magold, Die Parteiautonomie im internationalen und interlokalen Vertragsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika (1987) 302 ff.
70Luig, Kündigungsrecht bei hohem Zinssatz, AG 1979, 147, 153 f.
71So im Ergebnis auch Staudinger-Karsten Schmidt (oben N. 61) § 247 Rz. 5.
72Richtlinie des Rates vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit, AB1. Nr. L 42/48 v. 12. 2. 1987.
73Oben bei Fn. 71.
74Zu dieser Fragestellung nach dem "Anwendungsbereich der Gesetze" Neuhaus (N. 11) 30 f. Zu Brainerd Curries Lehre von den "Governmental Interests" wonach das staatliche Rechtsanwendungsinteresse auf "locals" beschränkt sei, Magold (oben N. 69) 98-107.
75Vgl. Döll, Die Bank 1985, 573.
76Palandt-Putzo, BGB 47th. Ed. (1988) § 609 a Anm. 1 d:. "§ 609 a gilt, soweit deutsches Recht anwendbar ist. Derogation ist möglich und zulässig." Der Hinweis auf Häuser/Welter, NJW 1987, 17, 21 läßt aber die Interpretation zu, daß mit Derogation" die Wahl ausländischen Rechts gemeint ist.
77Kegel, IPR 422.
78Kegel, IPR 424.
79Vgl. die Kritik von Neuhaus (oben N. 11) 30 ff.
80Ähnlich Stoll (oben N. 49) 646-648.
81Kegel, FS Ehrenzweig (1976) 52 78: "Ist die Selbstbeschränkung nicht ausdrücklich ausgesprochen, dann hilft die Auslegung nicht weiter; vielmehr muß ihre kollisionsrechtliche Tragweite aus dem Zusammenhang des Kollisionsrechts erschlossen werden." - Hingegen liegt keine Selbstbeschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs von § 609 a BGB vor, wenn die Ausnahmevorschrift von § 609 a III 2, die § 609 a BGB dann parteidispositiv stellt, wenn Darlehensnehmer der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband ist, auch auf ausländische Staaten und öffentlich-rechtliche Körperschaften angewendet wird. Hier handelt es sich um einen schlichten Analogieschluß in Anwendung deutschen bürgerlichen Rechts. In der Tat liegt kein Grund für die Ungleichbehandlung der ausländischen öffentlichen Körperschaften mit den inländischen vor (ebenso Kollhosser-Schweitzer, JA 1987, 345, 349; von Rottenburg [oben N. 59] 6; Döll [oben N. 59] 45).
82BGH 4. 7. 1969, BGHZ 52, 239, 243.
83S. 265.
84Wood, Law and Practice of International Finance (1986) § 10.4 (2) b, erwähnt § 247 BGB als einzige zwingende Kündigungsvorschrift des nationalen Rechts.
85Zur Neigung der Banken, inländisches Recht für internationale Darlehensverträge zu vereinbaren, Bosch, Vertragliche Regelungen in internationalen Kreditverträgen . . ., Kredit und Kapital Beiheft Nr. 8 (1985) 117, 124. Er rechtfertigt dies mit dem Schutzbedürfnis der Banken und praktischadministrativen Gründen. Gelegentlich wird angenommen, daß die Banken Ausfuhrkredite, die durch Hermes-Garantien oder -Bürgschaften gesichert sind, deutschem Recht unterstellen müßten. Vgl. Döll Die Bank 1985, 573, 574; MünchKomm - H. P. Westermann (oben N. 59) Rz. 12. Hier ist eine Klarstellung geboten: Hermes macht die Gewährung der Garantie nicht davon abhängig, daß im Darlehensvertrag deutsches Recht als Vertragsstatut vereinbart ist. Allerdings bürdet § 5 Abs. 2 letzter Hs. der Allgemeinen Bedingungen für Ausfuhrgarantien/Ausfuhrbürgschaften v. 1. 10. 1986 dem Darlehensgeber/ Garantienehmer das Risiko "des anwendbaren Rechts", also des rechtlichen Bestands der Darlehensforderung auf. Vgl. von Westphalen, Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, 3. Aufl. (1987) 448. Der Garantiefall, in dem Hermes zahlen muß, tritt also nicht ein, wenn sich herausstellt, daß aus Rechtsgründen überhaupt kein wirksames Darlehen begründet wurde. Für die Banken ergibt sich daraus, daß sie, wenn Hermes-Garantien oder -Bürgschaften gegeben werden, aus eigenem Entschluß der Anwendung deutschen Rechts auf den Darlehensvertrag den Vorzug geben, weil sie nach diesem die eventuellen Unwirksamkeitsgründe des Darlehens besser beurteilen können als nach ausländischem Recht.
86Dazu oben S. 262.
87Vgl. oben bei N. 84.
88Diese Bemerkung steht nicht im Widerspruch zu der oben geäußerten Ablehnung einer Beschränkung der Anwendung des § 609 a BGB auf Inlandssachverhalte. Rechtsdogmatik ist systemgebunden; sie kann nicht rechtspolitisch erwünschte Ergebnisse mit systemwidrigen Mitteln einführen.
89Reithmann-Martiny (N. 4) Rz. 439.

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A project of CENTRAL, University of Cologne.