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Zöchling-Jud, Brigitta in: von Westphalen, Friedrich, Zöchling-Jud, Brigitta (ed.), Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 2014

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Zöchling-Jud, Brigitta in: von Westphalen, Friedrich, Zöchling-Jud, Brigitta (ed.), Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 2014
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b) Grundsatz der formellen Garantiestrenge

In einem gewissen Spannungsverhältnis zu den allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 914f. ABGB steht der bei der Auslegung von Garantieverträgen zunehmend an Bedeutung gewinnende „Grundsatz der formellen Garantiestrenge".39 Nach diesem soll für die Auslegung des Garantievertrages nur der Text der Garantieerklärung maßgebend sein und sonstige Umstände, insbesondere solche, die sich aus dem Grundverhältnis ergeben, nicht zur Auslegung der Garantieerklärung herangezogen werden dürfen.40 Dass das Grundgeschäft nicht oder nur beschränkt zur Auslegung des Garantievertrages herangezogen werden kann, folgt auch aus der Abstraktheit der Bankgarantie.41 Der Grundsatz der formellen Garantiestrenge beansprucht insbesondere bei den formellen Voraussetzungen der Inanspruchnahme der Garantie Geltung.42

[...]

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Aus dem Grundsatz der formellen Garantiestrenge folgt, dass sich der Abruf der Garantie streng an den Text der Garantie zu halten hat, um die sofortige Zahlungspflicht auszulösen.63 Der OGH spricht davon, „daß die Garantiebank vom Begünstigten die strikte, ja geradezu pedantische Erfüllung der Voraussetzungen für den Bedingungseintritt verlangen darf".64 Dadurch wird dem Interesse der Bank Rechnung getragen, angesichts ihrer strengen Haftung nichts Unnötiges zu riskieren, was ihren Regress gegen den Dritten betrifft. Verpflichtet sich z.B. die Bank zur Zahlung einer Ablöse an den Vermieter „nach erfolgter Übergabe der Schlüssel an die Firma Franz M. innerhalb von 3 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung ohne Prüfung des Rechtsgrundes“, dann kann sie die Auszahlung der Garantiesumme verweigern, wenn auf dem ihr vorgelegten Protokoll die Schlüsselübergabe an den Hausverwalter vermerkt ist, auch wenn sich im nachhinein herausstellt, dass Franz M. mit dieser Vorgangsweise einverstanden war.65

39Koch, Anm. zu OGH in ÖBA 1990/213; Rummel, ÖBA 2000, 213, 217: vgl. auch ders., in: Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 2000, § 880a Rn. 8. Nach st. Rspr. steht der Grundsatz der formellen Garantiestrenge der Auslegung nach §§ 914f. ABGB nicht entgegen, da dieser kein Selbstzweck ist, sondern nur soweit trägt, als dies dem Willen der Parteien entspricht; OGH in ÖBA 1995/500; ÖBA 2004/1221; ÖBA 2006/1327; SZ 2006/168 = ÖBA 2007/1414; ÖBA 2010/1600; ÖBA 2013/1879.
40Lindinger, Aktuelle Rechtsprechung zur Bankgarantie, WBl 1992, 137.
41OGH in EvBl 1983/3; Rummel, in: Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, § 880a Rn. 8.
42Dazu unten Rn. 33f.
63Rummel, ÖBA 2000, 217 m.w.N. aus der Judikatur.
64OGH in ÖBA 1993/419; SZ 62/75; SZ 2006/168 = ÖBA 2007/1414; ÖBA 2010/1600: ÖBA 2011/1686 (P Bydlinski); ÖBA 2011/1734; siehe aber Rummel, Anm. zu OGH in ÖBA 1989/167 und diesem offenbar folgend OGH in ÖBA 1995/500 = ecolex 1995, 404. Zu diesem Problemkomplex dann wieder Rummel, ÖBA 2000, 210.
65OGH in ÖBA 1990/233 (Koziol) = ecolex 1990, 407.

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