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Strohbach, Heinz, Spezielle Probleme, in: Ak.St.Rwiss. (ed.), Grundzüge einer wissenschaftlichen Konzeption des allgemeinen Teils der rechtlichen Regelung internationaler Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Organisationen der Mitgliedsländer des des RGW, Potsdam-Babelsberg 1986, at 55 et seq.

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Strohbach, Heinz, Spezielle Probleme, in: Ak.St.Rwiss. (ed.), Grundzüge einer wissenschaftlichen Konzeption des allgemeinen Teils der rechtlichen Regelung internationaler Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Organisationen der Mitgliedsländer des des RGW, Potsdam-Babelsberg 1986, at 55 et seq.
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55

Spezielle Probleme

H. Strohbach

Einführung

Zu einem allgemeinen Teil des Schuldrechts gehören eine Reihe von Fragen, die durch Thesen und Diskussion zu den allgemeinen Vorschriften, zu Vertragsabschluß, Inhalt und Erfüllung schon berührt worden sind, aber als Regelungsgegenstand doch besondere Aufmerksamkeit verdienen. Ihnen sind die Thesen 43 bis 49 gewidmet.

Hervorhebung verdienen dabei folgende Gegenstände:

Mehrheit von Vertragspartnern:

In den Verträgen über Spezialisierung und Kooperation der Produktion. haben wir es regelmäßig mit einer Tri- oder Multilateralität zu tun. In etwas anderem Sinne taucht das Problem bei Liefervertragsbeziehungen auf, wenn z. B. der Export - AHB der DDR - zwar im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Lieferwerkes (Hersteller), den Vertrag schließt und in der kormerziell-technischen Abwicklung des Geschäfts beide Betriebe .mit dem ausländischen Partner zusammenarbeiten. Der verfahrensrechtliche Aspekt dieser hier zunächst materiell-rechtlich zu erörternden Problematik findet sich in der Frage nach der Zulässigkeit, den Voraussetzungen und den Wirkungen der Nebenintervention bei schiedsgerichtlicher Behandlung entsprechender Vertragsstreitigkeiten. Diese verfahrensrechtlichen Aspekte sind bisher nicht Gegenstand der Rechtsvereinheitlichung im Rahmen des RGW gewesen, obwohl mehrfach der Wunsch. geäußert worden ist, an ihre Erörterung heranzutreten.

Wechsel von Vertragspartnern

durch Forderungsabtretung oder Schuldübernahme hinsichtlich einzeIner Forderungen bzw. Verbindlichkeiten: In der Praxis tritt häufig die komplexe Übertragung von Forderungen und Verbindlichkeiten von einem AHB auf einen anderen AHB auf. Dem liegen staatlich festgelegte Veränderungen der Waren- und Leistungsstruktur der betreffenden AHB zugrunde. Derartige Reorganisationsmaßnahmen berühren entweder Teile eines AHB (Kontore), oder sie führen zur Zusammenlegung bisher verschiedener Betriebe oder zur Aufspaltung eines AHB in mehrere Wirtschaftsorganisationen. Der § 108 Abs. 2 ALB/RGW sieht derartige Fälle vor und begründet eine Informationspflicht gegenüber dem ausländischen Vertragspartner. Nach dem russischen Wortlaut der Bestimmung kann sogar davon ausgegangen werden, daß die Information die Voraussetzung (Bedingung) dafür ist, sich auf eine solche Übertragung von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Vertragspartner berufen zu können. Ohne die Information wird - zumindest nach der Spruchpraxis bestimmter Schiedsgerichte - fingiert, daß die Übertragung nicht stattgefunden hat, d. h., der bisherige Vertragspartner bleibt passiv legitimiert und zuweilen werden vorsorglich der alte und der neue Partner verklagt, wenn ein Schiedsverfahren notwendig wird.

Selbst dieser durch die ALB/RWG schon weitgehend, aber nicht optimal geklärte Tatbestand zeigt die Notwendigkeit, sich in einer allgemeinen schuldrechtlichen Regelung mit dem Wechsel von Vertragspartnern bei und unabhängig von staatlich festgelegten Reorganisationsmaßnahmen zu befassen.

56

Forderungsverjährung:

Die Aufnahme des Kapitels XVI in die ALB/RGW mit den Bestimmungen über die Verjährung ist seinerzeit sehr begrüßt worden - und war auch lange erwartet worden. Erinnert sei an die Vorschläge zu Beginn der 60er Jahre, die AB/RGW 1958 durch eine Verjährungskonvention der Mitgliedsländer des RGW zu komplettieren, ine Konvention deshalb, weil mit den vorgeschlagenen Bestimmungen zwingendes nationales Zivil- und Wirtschaftsrecht für den Bereich der Außenhandelsoperationen ausgeschaltet werden sollte, und man, meinte, sich mit den AB/RGW 1958 nur im Rahmen diapositiver nationaler Regelungen bewegt zu haben. Das gehört nun schon zur Rechtsgeschichte.

Wir Heutigen empfinden den § 92 ff. als einen selbstverständlichen und integralen Bestandteil der ALB/RGW, der auch über deren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus praktische Bedeutung erlangt hat. Der Einführungssatz des § 92 könnte folgendermaßen lauten: "Auf Forderungen, die sich aus Rechtsbeziehungen der wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit von Wirtschaftsorganisationen der Mitgliedsländer des RGW ergeben ..." Aber das ist schon ein Diskussionspunkt.

Ein anderer Diskussionspunkt wird durch die strikte Formulierung des § 102 ALB/RGW aufgeworfen, der eindeutig eine Änderung der Bestimmungen dieses Kapitels XVI für unzulässig erklärt. Offensichtlich ist diese Bestimmung an die Staaten adressiert; da sich die ALB /RGW direkt an die Wirtschaftsorganisationen wenden, sollte die Bestimmung wohl besser lauten: "Bestimmungen dieses Kapitels körnen durch Vereinbarungen der Parteien nicht abgeändert werden." Das würde auch klarstellen, daß dieser § 102 ALB/RGW einer Ergänzung der ALB-Regelung durch das Subsidiaritätsprinzip nicht entgegensteht.

Für einen Allgemeinen Teil könnte Kapitel XVI weitestgehend Modell oder Baustein sein, vorausgesetzt, die notwendigen Ergänzungen werden vorgenommen, um das Subsidiärstatut in der Verjährungsregelung mit Konsequenz auszuschalten.

Gegenwärtig fehlt z. B. bei § 99 ALB eine Bestimmung, wie sie in § 327 GIW enthalten ist. Man muß ergänzen: "Wird ein Schiedsverfahren ohne Entscheidung zur Sache oder durch Rücknahme des Antrags beendet ...", und weiter ist zu ergänzen: "... so steht dem Gläubiger eine weitere Frist von (sechs) Monaten für eine erneute Klageerhebung zu."

Die Moskauer Konvention vom 26. Mai 1972 hat in Art. 5 Abs. 2 eine analoge Regelung, und Art. 17 Abs. 2 der UNCITRAL-Verjährungskonvention ist in diesem Punkt auch ganz klar.

Aufrechnung:

Die Thesen widerspiegeln eine bemerkenswerte Entwicklung dieses Rechtsinstituts und seines Platzes in der rechtlichen Regelung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Wirtschaftsorganisationen der Mitgliedsländer des RGW. Es ist noch nicht so lange her, daß die Aufrechnung schlankweg als unzulässig angesehen wurde. Dann tauchten erste zaghafte und deshalb ganz unvollständige und nicht sehr hilfreiche Regelungen über die prozessuale Zulässigkeit der Aufrechnung auf. Und jetzt ist es an der Zeit, sich über ihre materiell-rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen mit dem Ziel einer einheitlichen Regelung zu verständigen.

Ungerechtfertigte Bereicherung:

Die Herausgabe einer unberechtigt erlangten Leistung tritt in der Praxis in Gestalt der Kaufpreisrückforderung (§§ 52 - 57 ALB/RGW) auf, wobei allerdings in diesem. speziellen Anwendungsfall typische Lagen wie die Entreicherung wegen der außerordentlich kurzen Rückforde-57rungsfrist von 14 Tagen nicht auftreten. Das macht die ALB-Regelung nicht ohne weiteres oder gar nicht auf den allgemeinen Tatbestand der ungerechtfertigten Bereicherung übertragbar und anwendbar. Spezifische Rechtsargumente, wie das argumentum a minori ad malus, versagen hier, und man muß bekennen: Wir haben keine einheitliche Regelung des Rechtsinstituts, sondern nur die sehr spezielle Regelung eines sehr speziellen Anwendungsfalls, die nicht zur Verallgemeinerung taugt. Aber das ist schon eine Diskussionsmeinung.

Geltendmachung von Ansprüchen

- gemeint ist hier in erster Linie die Anmeldung von Ansprüchen beim Vertragspartner und nicht der besondere Fall des schiedsgerichtlichen Einklagens streitiger Ansprüche: Für die Diskussion anhand der Thesen wäre es wünschenswert, die einer einheitlichen schuldrechtlichen Regelung dieser Frage zugrunde zu legende Tendenz zu zeigen und Argumente für die Regelungsrichtung zusammenzutragen. Gegenwärtig sind in der Rechtsarbeit des RGW und in der Spruchpraxis der Schiedsgerichte zwei entgegengesetzt laufende Tendenzen zu spüren. Einerseits wird befürwortet, die Durchsetzung von Forderungen nicht zu erschweren, formale Hindernisse abzubauen, die Rechtsverfolgung zu erleichtern und deshalb gerade an die Geltendmachung von Ansprüchen wie auch an die Erhebung einer Schiedsklage keine übertriebenen, justizähnlichen Anforderungen zu stellen (z. B. die in § 104 Abs. 1 ALB/RGW geforderte briefliche Bestätigung fernschriftlicher Reklamationen für verzichtbar zu erklären oder überhaupt zu streichen). Andererseits wird die Meinung vertreten, leichtfertiges vorschnelles Reklamieren und Klagen durch Setzen juristischer Hemmschwellen zu verhindern. Dabei wird weniger an eine Anhebung der Bagatellgrenze des § 105 ALB/RGW als vielmehr an den Ausbau der Schriftform, die briefliche Bestätigung von allen und jedem und die zwingende Beifügung von Beweisunterlagen zu der Reklamation sowie die Aufstellung zwingender Formerfordernisse für Beweisunterlagen gedacht. Das geht soweit, daß bereits jetzt die Bestimmung des § 104 Abs. 3 Satz 1 so angewendet wird, als würde dadurch der Katalog konstitutiver Bestandteile einer Reklamation in § 74 ALB/RGW erweitert werden. Damit werden grundsätzliche rechtspolitische Fragen aufgeworfen, die zu klären sind, bevor im einzelnen über das Procedere der Anspruchserhebung (oder die nächsthöhere Stufe: die Requisiten einer ordnungsgemäßen Schiedsklage) beraten wird.

Die hier herausgestellten Gegenstände "spezielle Probleme" eines Allgemeinen Teils sind als Beispiele und Diskussionspunkte zu verstehen, keinesfalls als abgeschlossene Liste. Deshalb wäre es zu begrüßen, wenn in der Diskussion nicht nur zu den hier einleitend hervorgehobenen möglichen Regelungsgegenständen gesprochen, sondern auch auf Auslassungen und wünschenswerte Ergänzungen hingewiesen werden würde.

Referring Principles
A project of CENTRAL, University of Cologne.