Die allgemeinen Rechtsgrundsätze gehen somit dem gerade genannten Prinzip der Freiheit der Staaten vor39, da die beklagte Partei nur frei ist, wenn auch kein allgemeiner Rechtsgrundsatz zur Begründung des klägerischen Anspruchs herangezogen werden kann. Ebenso kann sich die beklagte Partei zur Abweisung eines im Vertragsrecht oder VGR begründeten Anspruchs auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz berufen. Die Heranziehung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der höheren Gewalt (force majeure) durch den Haager Schiedsgerichtshof im Fall der Indemnité russe und die Anerkennung des Notstandes als ebensolcher Grundsatz im Neptune-Fall verdeutlichen diese Funktion.
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392 § 614"In seinem Urteil im Fall der Factory at Chorzòw erklärte der StIGH, daß ein Staat einem anderen die Nichterfüllung einer Verpflichtung nicht vorwerfen kann, wenn jener ihn in rechtswidriger Weise daran gehindert hat59, und bestätigte damit den schon von der Schiedsgerichtsbarkeit anerkannten Rechtsgrundsatz nullus commodum capere potest de sua propria iniuria60.
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393 § 615"Zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen rechnet der Richter Alfaro in seiner Seperate Opinion zum Urteil 1962 im bereits genannten Temple Case auch das Estoppel-Prinzip (preclusion, forclusion)[...]63
39Vgl. Guggenheim (ebd.), S. 297.
59A 9, S. 31
60Dazu Fitzmaurice, The General Principles of International Law, Considered from the Standpoint of the Rule of Law, RdC 92 (1957 II), S. 117 f. In einer Reihe von Fällen hat der StIGH den Grundsatz des Verbotes des Rechtsmißbrauchs (abus de droit) herangezogen; vgl. Certain German Interests in Polish Upper Silesia, A 7, S. 30; Free Zones Case, Order, A 24, S. 12; Urteil im Free Zones Case, A/B 46, S. 167.
63ICJ Reports 1962, S.39 ff.