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96Regelmäßig enthält die Garantieverpflichtung (jedenfalls der deutschen Bank gegenüber ihrer ausländischen Partnerbank) eine eindeutige und nachdrückliche Befristung. Innerhalb der Frist müssen Ansprüche erhoben sein. Die Garantiebank im Importland wird regelmäßig ihre eigene Garantie mit kongruenten Fristen und Bedingungen auslegen; anderenfalls würde sie ihre Geschäftsbesorgungspflicht gegenüber der deutschen Bank verletzen. Nach dem Recht des Importlandes, dem diese Garantie unterliegt, kann allerdings eine Befristung unwirksam oder nur beschränkt wirksam sein. So genügt es in manchen Ländern, daß der Garantiefall in der Frist eingetreten ist, oder die
97Forderung kann auch in einer gewissen Nachfrist erhoben werden, oder sie gilt bis zur Enthaftungserklärung weiter oder Erfüllungsgarantien können überhaupt nicht befristet werden.
Beispiele bei Pleyer, WM-Sonderbeilage Nr. 2,1973, S.17.
Aus diesem Grund ist die regelmäßig vertraglich vereinbarte Rückgabe der Urkunde von großer praktischer Bedeutung. Sie stellt klar, daß auch der Berechtigte anerkennt, nunmehr keinen Anspruch zu haben. Der Gegenschluß, daß der Anspruch noch besteht, solange die Urkunde nicht zurückgegeben ist, ist dagegen regelmäßig nicht zu ziehen. Die Garantieurkunde ist kein Wertpapier. Selbst wenn sie es wäre, wäre die Befristung eine Inhaltseinwendung.
Dies gilt nicht nur nach deutschem Recht. Vgl. z. B. Smith/Keenan, Essentials of Mercantile Law, 3. Aufl.,1973, S. 442; "The duration of the guarantee depends upon its terms."
Entscheidend für den deutschen Kunden ist, daß jedenfalls die Rückgarantie der deutschen Bank gegenüber ihrer ausländischen Partnerbank eindeutig mit Fristablauf erlischt. Diese Garantie untersteht deutschem Recht. Außerdem ist die strenge Einhaltung von Befristungen ein international anerkannter Grundsatz vor allem im Interbankenverkehr.
Horn, Recht der Internationalen Anleihen, S. 212; vgl. auch OLG Stuttgart WM 1979, 733 ff sowie Art. 5 ERVG.
Nach dem Recht mancher Länder bleibt jedoch die Garantieverpflichtung bis zur Rückgabe der Urkunde bestehen, auch wenn die Frist für die Inanspruchnahme aus der Garantie abgelaufen ist. Art. 24 FRAG stellt demgegenüber fest, daß der Begünstigte durch die Zurückbehaltung der Garantieurkunde nach Verfall seine Rechte unter der Garan-
98tie nicht wahren kann. Ob sich diese Parteivereinbarung gegenüber dem anwendbaren, anderslautenden Recht durchsetzt, ist zweifelhaft. Außerdem wird der Garantieauftraggeber nicht selten durch die Drohung mit der Zahlungsanforderung dazu veranlaßt, in eine Fristverlängerung einzuwilligen ("extend or pay").