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Internationales Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in Österreich, SCH-4366 of June 15, 1994, RIW 1995, at 590 et seq.

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Internationales Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in Österreich, SCH-4366 of June 15, 1994, RIW 1995, at 590 et seq.
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Internationales Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in Österreich

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Die Schiedssprüche [SCH-4366 und SCH-4318 vom 15. 6. 1994] sind zu Streitigkeiten aus Kaufverträgen zwischen einer österreichischen Verkäuferin und einer deutschen Käuferin über kaltgewalzte Bleche ergangen. In dem einen Schiedsverfahren (SCH-4366) ging es um die Klage der Verkäuferin auf Zahlung des Kaufpreises für Teillieferungen sowie Zinsen in Höhe von insgesamt ca. 250 000 US-$ und 364 086 DM. Im Parallelverfahren (SCH-4318) hatte die deutsche Käuferin gegen die österreichische Verkäuferin auf Zahlung von ca. 645 000 DM Schadensersatz geklagt, weil die gelieferten Bleche teilweise nicht vertragsmäßig gewesen seien. Die Käuferin hatte einen Teil der verkauften Bleche nicht abgenommen. Die Verkäuferin hatte deshalb auch Schadensersatz nach Art. 61 I a) CISG verlangt.

Schiedsspruch SCH-4366

Seine Zuständigkeit begründet das Schiedsgericht (im Schiedsspruch SCH-4366) wie folgt:

"3. - Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beruht auf dem letzten Absatz der beiden zwischen den Parteien geschlossenen Verträge. Danach sollten alle Streitigkeiten, die nicht im Einvernehmen gelöst werden können, nach der Schieds- und Vergleichsordnung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft von einem oder mehreren gemäß dieser Ordnung ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden werden.

3.1. - Zwar liegen die Verträge - und damit auch die benannte Schiedsklausel - nur in der Form einer von der Schiedsklägerin der Schiedsbeklagten übersandten Auftragsbestätigung vor, die letztere nicht gegengezeichnet hat. An der Gültigkeit der Schiedsklausel kann dennoch kein Zweifel bestehen. Die von Art. II Abs. 1 des hier zur Anwendung kommenden New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche geforderte Schriftform bedeutet nicht, daß die Schiedsklausel in einem von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsdokument enthalten sein muß. Nach Art. II Abs. 2 des genannten Abkommens genügt auch der Austausch von Briefen und anderer Arten von schriftlich vorgenommenen Erklärungen. Laut international eindeutig vorherrschender Meinung ist daher die Schriftform u. a. auch dann gewahrt, wenn der Adressat einer Auftragsbestätigung in einer Weise schriftlich antwortet, die auch nur schlüssig zum Ausdruck bringt, daß er die Auftragsbestätigung mitsamt der darin erwähnten Schiedsklausel akzeptiert, wie z. B., wenn er in späteren Briefen oder Rechnungen sich ausdrücklich auf das in Frage kommende Vertragsdokument bezieht (so u. a. A. J. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, 1981, 198 ff.; P. Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1989, 280; App. Firenze, B. 10. 1977, Yearbook Commercial Arbitration IV (1979), 289).

3.2. - Genau dies ist im vorliegenden Fall eingetreten. Die Schiedsbeklagte hat zwar die beiden Auftragsbestätigungen der Schiedsklägerin zunächst nur stillschweigend angenommen, später aber - genauer in einem Schreiben vom 19. 1. 1993 an die Schiedsklägerin - ausdrücklich auf die entsprechenden Verträge Nr. 19038 und Nr. 19101 Bezug genommen und damit dem Schriftformerfordernis der darin enthaltenen Schiedsklausel Genüge geleistet.

3.3. - Dazu kommt, daß es im vorliegenden Fall der Schiedsbeklagten auch auf Grund des allgemeinen Rechtsprinzips von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf das Fehlen einer schriftlich vereinbarte Schiedsklausel zu berufen, um die Zuständigkeit .des Schiedsgerichts zu verneinen. Die Schiedsbeklagte hat innerhalb knapp zweier Monate mit der Schiedsklägerin drei im wesentlichen gleichlautende Verträge abgeschlossen; ohne je die ihr von der Schiedsklägerin zugeschickten Auftragsbestätigungen samt der darin enthaltenen Schiedsklausel gegenzuzeichnen. Dies hinderte die Schiedsbeklagte nicht, sich auf ebendiese Schiedsklausel zu berufen und das darin vorgesehene Schiedsgericht der Bundeskammer mit der Erledigung eines Streitfalles betreffend den zweiten der drei Verträge zu beauftragen. Sich das eine Mal auf eine nur von der Gegenpartei unterzeichneten Schiedsklausel zu berufen, um seine eigenen Ansprüche geltend zu machen, und das andere Mal, wenn die Gegenpartei klagt, die Gültigkeit einer in genau derselben Form vereinbarten Schiedsklausel zu bestreiten, wäre nicht vereinbar mit dem Gebot der Wahrung des guten Glaubens und der redlichen kaufmännischen Sitten, das auch im Anwendungsbereich des New Yorker Übereinkommens voll zur Geltung gelangt (ebenso A. J. van den Berg, a. a. O., 182 ff.)."

Die Anwendbarkeit des CISG ergab sich aus Art. 1 Ib) CISG (SCH-4366).

"4. - Anwendbares materielles Recht war laut beider Verträge österreichisches Recht. Dies bedeutet, daß - soweit sachlich zuständig - das Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommen (UN-KaufÜ) vom 11. 4. 1980 Anwendung findet. Tatsächlich ist das UN-KaufÜ in Österreich am 1. 1. 1989 in Kraft getreten, mit der Folge, daß ab jenem Datum alle internationalen Kaufverträge i. S. von Art. 1 dem UN-KaufÜ unterstehen, vorausgesetzt, daß die im Übereinkommen selbst dafür vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind, d. h daß entweder beide Parteien ihre Niederlassung in Vertragsstaaten haben oder die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen. Im vorliegendem Fall war zwar die erste Bedingung nicht erfüllt, weil zur Zeit des Vertragsschlusses Deutschland noch nicht Vertragsstaat war. Dafür aber war die zweite Voraussetzung für die Anwendung des Einheitsrechtes gegeben, d. h. die Regeln des internationalen Privatrechts führten zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates (Österreich). Tatsächlich wird die Wahl des Rechts eines Vertragsstaates durch die Parteien nach international eindeutig vorherrschender Auffassung dahin verstanden, daß sich die Parteien auf das entsprechende nationale Recht einschließlich des UN-KaufÜ als Sonderrecht für internationale Kaufverträge beziehen und nicht nur auf das unvereinheitlichte - interne (Kauf-)Recht (s. dazu mit weiteren Hinweisen M. J. Bonell in Bianca-Bonell, Commentary on the International Sales Law, 1987, 56ff.; R. Herber in v. Caemmerer-Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht 1990, Anm. 38 zur Art. 1 und Anm. 16 zur Art. 6; mit Vorbehalten R. Loewe, Internationales Kaufrecht 1989, 24ff.)."

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Das Schiedsgericht hielt es in dem Verfahren, in dem der Kaufpreis eingeklagt worden war, für erwiesen, daß die Käuferin die fraglichen Teilmengen erhalten hatte, der Kaufpreis damit fällig geworden war und die Käuferin ihre Zahlungspflicht verletzt hatte. Zur Verzinsung führte das Schiedsgericht (in Sch-4366) aus:

"5.2. - Laut Art. 78 UN-KaufÜ hat der Verkäufer im Falle eines Verzuges der Kaufpreiszahlung durch den Käufer einen Anspruch auf Zinsen.

5.2.2. - Art. 78 UN-KaufÜ sagt nichts über die Höhe des zu zahlenden Zinssatzes. Im Schrifttum und der bisher ergangenen Rechtsprechung ist es umstritten, ob es sich dabei um eine außerhalb des Regelungsbereichs des Übereinkommens liegende Frage handelt mit der Folge, daß sich der Zinssatz stets nach dem auf Grund der anwendbaren Kollisionsnormen zuständigen nationalen Recht bestimmt (so u. a. Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, 1991, 347, OLG Frankfurt 13. 6. 1991, in RIW 1991, 591) oder ob nur eine Lücke i. S. von Art. 7 II UN-KaufÜ vorliegt und der anwendbare Zinssatz daher gegebenenfalls entsprechend den dem Übereinkommen zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen autonom festgelegt werden kann (so z. B. J. O. Honnold, Uniform Sales Law, 2. Aufl., Denventer-Boston 1991, 525-526; Schiedsspruch der IHK Nr. 6653 (1993), Clunet 1993, 1040). Diese zweite Auffassung ist vorzuziehen, nicht zuletzt deshalb, weil der automatische Rückgriff auf ein bestimmtes nationales Recht zumindest in den Fällen, in denen das in Frage kommende Recht Zinszahlungen ausdrücklich verbietet, wohl kaum mit dem in Art. 78 UN-KaufÜ verankerten Grundsatz zu vereinbaren wäre. Einer der allgemeinen Rechtgrundsätze, auf denen das UN-Kaufü basiert, ist das Gebot der Totalreparation ('full compensation') des verursachten Schadens (vgl. Art. 74). Daraus folgt, daß bei Versäumnis, eine Geldschuld zu bezahlen, der Gläubiger, von dem man im kaufmännischen Bereich typischerweise erwarten muß, daß er infolge der Zahlungsverzögerung mit Bankkredit arbeitet, Anrecht hat auf Bezahlung der in seinem Lande üblichen kommerziellen Bankzinsen für Darlehen in der Landeswährung oder in der von den Parteien gewählten Fremdwährung (so ausdrücklich auch Art. 7.4.9 der vom Internationalen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) ausgearbeiteten Principles of International Commercial Contracts: s. dazu M. J. Bonell, An International Restatement of Contract Law. The UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, Transnational Juris Publications, Irvington - N. Y, 1994, 114-115). Auf Grund der bei den führenden österreichischen Kreditinstituten eingeholten Auskünfte ergibt sich, daß der durchschnittliche Bankzins für 'prime borrowers' in Österreich in US-Dollar bzw. DM sich im in Frage kommenden Zeitraum auf 4,5 % bzw. auf 8 % belief. Nach diesem Zinssatz sind die von der Schiedsbeklagten geschuldeten Zinsen zu berechnen."

Hinsichtlich der nicht abgenommenen Teilmenge hielt das Schiedsgericht den geltend gemachten Schadensersatzanspruch für begründet.

"5.4. - Die Schiedsklägerin war nach der erfolglos gebliebenen Mahnung an die Schiedsbeklagte, die noch verbliebene Röstware innerhalb vom 31. 3. 1993 abzunehmen [...], voll berechtigt, einen Deckungsverkauf durchzuführen: angesichts der in Art. 77 UN-KaufÜ festgelegten Schadensminderungspflicht des Ersatzberechtigten könnte es sich dabei sogar um eine notwendige Maßnahme gehandelt haben (siehe dazu H. Stoll in v. Caemmerer-Schlechtriem, a. a. O., Anm. 11 zu Art. 77). Auch die Forderung auf Zahlung der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Preis und dem Erlös aus dem Deckungsverkauf ist gerechtfertigt [...]"

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Referring Principles
A project of CENTRAL, University of Cologne.