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BGH NJW 1988, 410

Title
BGH NJW 1988, 410
Content
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Translation Ein Teil der Lehre hält zwar für nicht ausreichend, wenn die Vertragsbedingung zum Zwecke künftiger wiederholter Verwendung vor Einbeziehung in den Vertrag lediglich „im Kopf“ des AGB-Verwenders oder seines Abschlußgehilfen „gespeichert“ ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 46. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Anm. 2b; Staudinger-Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Rdnrn. 16, 17; Erman-Hefermehl, BGB, 7. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Rdnrn. 7, 8). Diese Auffassung stützt sich zu Unrecht darauf, daß in § 1 I 2 AGB-Gesetz unter anderem die Schrift“art“ für unerheblich erklärt ist. Ein Umkehrschluß auf die Erforderlichkeit schriftlicher Form läßt sich daraus nicht herleiten (Ulmer, in: Ulmer-Brandner-Hensen, AGB-Gesetz, 5. Aufl., § 1 Rdnr. 36). Dieser Meinung steht zudem der Schutzzweck des AGB-Gesetzes entgegen. Das gilt unabhängig davon, ob man diesen Zweck grundsätzlich und vor allem im Schutz des Verbrauchers (so Palandt-Heinrichs, Einl. 3; vgl. ferner die Nachw. zu Fußn. 32 bei Ulmer, in: Ulmer-Brandner-Hensen, Einl. 23) oder darin sieht, den mit der Verwendung von AGB typischerweise und unabhängig von der Stärke der Marktpartner verbundenen Gefahren für den Kunden zu begegnen (so Ulmer, in: Ulmer-Brandner-Hensen, Einl. 23; Kötz, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Rdnrn, 1, 2; Erman-Hefermehl, Vorb. § 1 AGB-Gesetz Rdnr. 7). Im Hinblick auf beide Zwecke macht es nämlich keinen Unterschied, ob der Verwender die Vertragsbedingungen in schriftlicher Form vorbereitet und für die Einbeziehung in abzuschließende Verträge bereitstellt oder ob er seine Vertreter eine bestimmte Formulierung auswendig lernen läßt und sie dazu anhält, diese Formulierung bei allen künftigen Vertragsschlüssen in den schriftlichen Vertragstext aufnehmen oder sie von den Kunden mündlich akzeptieren zu lassen (so im Ergebnis auch Ulmer, in: Ulmer-Brandner-Hensen, § 1 Rdnr. 36; Kötz, in: MünchKomm, § 1 AGB-Gesetz Rdnr. 5; Wolf, § 1 AGB-Gesetz Rdnr. 19; Willemsen, NJW 1982, 1122).

2. Rechtsfehlerfrei nimmt das BerGer. an, daß die in Rede stehende Klausel nicht individuell ausgehandelt i. S. von § 1 II AGB-Gesetz ist. Die Kl. trägt selbst vor, daß sie ausschließlich zu ihren Bedingungen zu einem Vertragsschluß bereit war.

Translation „Aushandeln“ bedeutet nach feststehender höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, NJW-RR 1987, 144 = LM § 1 AGBG Nr. 7 = WM 1987, 42 und BGH, NJW 1987, 2011 = ZIP 1987, 886) mehr als verhandeln. Auch genügt hierfür nicht, daß das Formular dem Vertragspartner bekannt ist und nicht auf Bedenken stößt, daß der Inhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Partners entspricht. Vielmehr kann von „Aushandeln“ nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden“ Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (Senat, NJW-RR 1986, 54 = LM § 1 AGBG Nr. 4 = WM 1985, 1208 (1209)). Er muß sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Äußerung einzelner Klauseln bereit erklären.

In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Unter besonderen Umständen kann ein Vertrag allerdings auch dann als Ergebnis eines „Aushandelns“ gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gewünschten Entwurf verbleibt (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 144 = LM § 1 AGBG Nr. 7 = WM 1987, 42; OLG Düsseldorf, BauR 1985, 341 (344)). Auch in diesen Fällen muß der Verwender aber seine Klausel grundsätzlich zur Disposition stellen; ihre Beibehaltung muß dann erfolgen, weil er den Kunden von ihrer sachlichen Notwendigkeit überzeugt (zu weitgehend demgegenüber Palandt-Heinrichs, 411 § 1 AGB-Gesetz Anm. 4c a. E., fälschlich unter Berufung auf OLG Düsseldorf, BauR 1985, 341 (344)). Es reicht mithin nicht, wenn er ihn - sei es auch wie hier in ausführlichen und wiederholten Gesprächen - ausschließlich vor die Wahl stellt, entweder die gestellten Bedingungen unverändert anzunehmen oder ganz von dem Vertrag Abstand zu nehmen. Auch in einem Falle, in welchem es den Vertragsschließenden lediglich um eine einzige vorformulierte Klausel geht, kann nichts anderes gelten. Wenn der Verwender grundsätzlich auf dieser Klausel besteht, kann er dennoch in einem Teilpunkt, beispielsweise in der Entgeltvereinbarung, dem Kunden entgegenkommen, was für das Aushandeln genügen würde. Der Gegenschluß aus der Verwendung der Worte „im einzelnen“ in § 1 II AGB-Gesetz ist nicht gerechtfertigt.

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Original Indeed, there is some authority in doctrine that the pure learning by heart of contract terms is not sufficient to fulfill the precondition of formulation in advance. This legal opinion refereces wrongly to s. 1 I 2 AGBG which, inter alia, states that the font of the terms is of no importance. It cannot be argued in reverse that there have to be a written document. Moreover this approach would contradict the purpose of this law concerning standard terms which is to protect consumers. This is true regardless if the purpose is solely the protection of consumers or the avoidance of typical dangers emerging by using standard terms regardless of the economic power of the other party. Regarding both said purposes it makes no difference if one party writes the terms down or its agents have to learn those terms by heart and write them down in every contract individually or if the other party has to agree orally.

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Original "Negotiation" means according to settled case law more than bargaining in the sense of a mere general discussion. As well, it is not sufficient that the standard terms are known by the other party and no objection is raised, that the content of the standard terms is explained to the other party, and that the other party consents to the terms. Rather, "negotiation" is given when the providing party seriously provides a realistic opportunity to the other party to discuss and influence the content of the terms, which differs from the applicable law in case of no contractual provision, in order to preserve his own interests (Senat, NJW-RR 1986, 54 = LM § 1 AGBG Nr. 4 = WM 1985, 1208 (1209)). Thus, the providing Party has to express clearly and seriously that it is willing to discuss certain terms.

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Referring Principles
A project of CENTRAL, University of Cologne.