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BGH, SchiedsVZ 2007, 215 = BGH III ZR 22/06 v. 31.05.2007

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BGH, SchiedsVZ 2007, 215 = BGH III ZR 22/06 v. 31.05.2007
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215

Zur Geltung der Schiedseinrede im Urkundenprozess

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ZPO § 1032 Abs. 1

BGH, Urteil vom 31. Mai 2007 - III ZR 22/06(OLG Düsseldorf)

Sachverhalt:

[1] Auf Grund eines Konzessionsvertrages vom 16. September 1997 hatte die Beklagte als Vertragshändler der Klägerin deren Produkte in Deutschland zu verkaufen. In dem Konzessionsvertrag hieß es unter anderem (Übersetzung des in italienisch abgefassten Originals):

„Art. 21 - Geltendes Recht - Gerichtsstand

21.1 Für den vorliegenden Vertrag gilt das deutsche Recht.

21.2 Bei Streitfällen und Streitigkeiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag ergeben, oder von Streitfragen wegen der Abfassung des Vertrags oder einer dessen Klauseln werden die Vertragspartner sich einem Schiedsspruch von drei Schiedsrichtern fügen, deren jeweils einer von beiden Parteien und deren Dritter vom Präsidenten der Handelskammer St. bestellt wird. Außerdem gilt die Ordnung des Schiedsgerichts der internationalen Handelskammer in Paris.“

[2] Aus Lieferungen der Klägerin an die Beklagte, die im Rahmen des Konzessionsvertrags erfolgten, waren bis zum 12. September 2003 offene Forderungen der Klägerin in Höhe von 1781478,02 EUR aufgelaufen. Zur Erledigung dieser Forderungen trafen die Parteien am 19. September 2003 eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung. Die Beklagte erkannte darin an, der Klägerin den vorgenannten Betrag zu schulden, und verpflichtete sich, ihn in bestimmten Raten abzuzahlen.

[3] Gestützt auf die Rückzahlungsvereinbarung macht die Klägerin im Urkundenprozess einen Anspruch auf Zahlung von 500000 EUR nebst Zinsen geltend. Die Beklagte hat die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben.

[4] Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der - von dem Senat zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage als unzulässig.

Gründe:

[5] Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und Abweisung der Klage.

I.

[6] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Schiedseinrede stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Selbst wenn man - anders als das Landgericht - davon ausgehe, dass die Schiedsabrede Streitigkeiten aus der Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 erfasse, sei nicht ersichtlich, dass sie die Klage in dem besonderen Regeln unterliegenden Urkundenprozess vor dem staatlichen Gericht verwehre. Das gelte nur ausnahmsweise. Zudem seien die in der klagebegründenden Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 niedergelegten Abreden schon ihrem Typus nach darauf angelegt, der erleichterten Durchsetzbarkeit bestehender Rechte zu dienen.

II.

[7] Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

[8] Wird vor dem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt (§ 1032 Abs. 1 ZPO). So liegt der Streitfall.

[9] 1. Das Berufungsgericht hat die Schiedseinrede für nicht durchgreifend gehalten, weil die in dem Konzessionsvertrag getroffene Schiedsabrede jedenfalls die vorliegende Urkundenklage vor dem staatlichen Gericht nicht ausschließe. Der Gläubiger eines urkundsmäßig verbrieften Rechtes verzichte regelmäßig nicht auf den besonderen Vorteil einer solchen vorläufigen Rechtsdurchsetzung gemäß den §§ 592ff ZPO.

[10] Diesen Erwägungen ist nicht zu folgen; sie stehen in Widerspruch zu dem in BGHZ 165, 376 veröffentlichten Senatsurteil vom 12. Januar 2006, das von dem Berufungsgericht allerdings noch nicht berücksichtigt werden konnte.

[11] Nach dem Senatsurteil ist durch eine Schiedsvereinbarung grundsätzlich außer der ordentlichen Klage auch der gewöhnliche Urkundenprozess vor dem staatlichen Gericht abbedungen; die anders lautenden Grundsätze zum Wechselprozess können nicht auf den (gewöhnlichen) Urkundenprozess übertragen werden (Senatsurteil aaO S. 380ff). Da das Berufungsgericht ein gegenteiliges Regel-Ausnahme-Verhältnis angenommen hat, ist damit seinen Ausführungen zur Reichweite der Schiedsvereinbarung, wie die Revision zu Recht beanstandet, die Grundlage entzogen.

[12] 2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 563 ZPO).

[13] a) Es besteht kein Anhalt, dass die in dem Konzessionsvertrag vom 16. September 1997 getroffene Schiedsabrede abweichend von der vorbeschriebenen Regel die Möglichkeit der Urkundenklage vor dem staatlichen Gericht zugelassen hätte. Die Jahre später bezüglich offener Kaufpreisforderungen geschlossene Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 enthält keinen Hinweis - auch das Berufungsgericht stellt insoweit nichts fest -, dass daran etwas hätte geändert werden sollen. Die Erwägung des Berufungsgerichts, durch dieses Rechtsgeschäft sollten die Forderungen vollstreckbar gemacht werden, geht wie die Revision zu Recht rügt, fehl.

[14] b) Die Schiedseinrede ist nicht deshalb als unbegründet zu erachten, weil die vorliegende Klage in einer Angelegenheit erhoben worden ist, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht Gegenstand der in dem Konzessionsvertrag getroffenen - die ordentliche Klage wie den (gewöhnlichen) Urkundenprozess vor dem staatlichen Gericht ausschließenden - Schiedsvereinbarung ist (vgl. § 1032 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat nämlich offen gelassen, ob die Schiedsvereinbarung den Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ergreift.

[15] 3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil er die Schiedsvereinbarung selbst auszulegen befugt ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 - III ZR 281/00 - NJW-RR 2002, 387) - insoweit sind weitere Feststellungen nicht zu erwarten -, und weil die Sache im Übrigen zur Endentscheidung reif ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO).

[16] a) Eine Abrede, die Streitigkeiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweist, ist - was das Landgericht nicht hinreichend bedacht hat - grundsätzlich weit auszulegen (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 aaO m.w.N.). Das gilt auch für die hier zu beurteilende Klausel:

„Bei Streitfällen und Streitigkeiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag ergeben, … werden die Vertragsparteien sich einem Schiedsspruch … fügen.“ (Art. 21.2 Satz 1 des Konzessionsvertrags)

[17] Damit sind die sich aus dem Konzessionsvertrag „ergeben(den)“ „Streitfälle und Streitigkeiten“ insgesamt in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gewiesen.

[18] b) Bei dem Konzessionsvertrag handelte es sich um einen Rahmenvertrag. Die Parteien schufen in Form des Vertragshändlervertrages einen rechtlichen Rahmen für ihre auf eine gewisse Dauer angelegte Geschäftsverbindung und die auf dieser Grundlage abzuschließenden Einzelverträge. Das spricht entscheidend dafür, dass die Schiedsklausel nicht nur für die (wohl eher seltenen) Streitigkeiten aus dem Konzessionsvertrag, sondern - im Interesse einer einheitlichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1970 - II ZR 148/69 - BB 1971, 369, 370) - weiter 217für die ihn laufend vollziehenden Kaufverträge, die daraus resultierenden Ansprüche und die eventuell dazu getroffenen Vereinbarungen gelten sollte. Trifft der Konzessionsvertrag aber eine solche umfassende Schiedsvereinbarung, dann ist es ohne Belang, dass die Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 selbst keine Schiedsklausel enthält.

[19] c) Erstreckt sich die Schiedsvereinbarung mithin auf den Klageanspruch, dann ist die Klage auf Grund der von der Beklagten rechtzeitig erhobenen Schiedseinrede gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen.

Zur Auslegung des Verweises auf „ICC Brüssel“ in einer Schiedsklausel

The parties had concluded an agreement pursuant to which disputes were to be resolved by arbitration pursuant to the Arbitration Rules of ICC Brussel or its successor. The claimant considered that under the applicable Belgian law, the arbitration agreement was to be interpreted as referring to the ICC Arbitration Rules and requested the court to determine the admissibility of an arbitration under the ICC Arbitration Rules pursuant to Sec. 1032 sub. 2 (German) Code of Civil Procedure (ZPO). The respondent filed a negative countermotion, requesting the court to declare the ICC proceedings not admissible since it considered the arbitration agreement to be not unequivocal and therefore invalid.

The Higher Regional Court of Frankfurt declared the arbitral proceedings admissible.

The court held that Belgian law (Art. 1156 and 1157 of the Belgian Code of Civil Procedure) like German law, recognized that arbitration agreements were to be interpreted in favor of their validity, as long as the intention of the parties to submit their disputes to arbitration was clearly discernable.

Since the Arbitration Rules designated by the parties did not exist, the agreement was to be construed as referring to proceedings under the Arbitration Rules of the ICC, being a commonly used and understood reference to the International Chamber of Commerce (whose seat is in Paris). Unlike the decision of the Federal Court of Justice (BGH NJW 1983, 1267ff.) the respondent had referred to, the present clause did not refer to two separate (permanent) arbitration institutions, but only to the ICC. The designation of Brussels as place of arbitration did not provide an obstacle, since Sec. 12 of the ICC Arbitration Rules provided that the place of arbitration was to be determined primarily by reference to the intention of the parties.

The negative countermotion of the respondent was rejected as inadmissible since the respondent did not have sufficient legal interest for it. Filed expressly by the respondent´s legal counsel it could not be understood as a simple motion to reject claimant´s motion, all the more so since Sec. 1032 sub. 2 ZPO expressly provides for a court to declare an arbitration as inadmissible. However, in the present proceeding, a rejection of claimant´s motion to declare the arbitral proceedings admissible would have already sufficiently disposed of the respondent´s legal interest in declaring the proceedings inadmissible.

ZPO §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2, 1032 Abs. 2; Belg. ZPO Art. 1156, 1157

Nach belgischem Recht ist wie nach deutschem Recht bei der Auslegung einer Schiedsklausel diese so weit wie möglich als wirksam zu erachten, wenn der Wille der Parteien, Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, eindeutig festgestellt werden kann.

OLG Frankfurt, Beschluß vom 24. Oktober 2006 - 26 Sch 6/06

Gründe:

I. Die Parteien streiten über die Auslegung einer Schiedsklausel.

Die Parteien schlossen im Oktober 2003 eine Vereinbarung über die Erbringung von Kommunikationsdienstleistungen („International Career Service Agreement“). Dieser von der Antragstellerin vorgegebene Vertrag enthält in § 16 eine Schiedsklausel, die in etwa folgenden deutschen Wortlaut hat:

„Jede Streitigkeit aus und in Verbindung mit der Vereinbarung soll zunächst gütlich zwischen den Parteien beigelegt werden. Sollte eine gütliche Einigung nicht zustande kommen, soll ein Schiedsverfahren gemäß der Schiedsregeln des ICC Brüssel oder ihrer Nachfolgeorganisation entschieden werden. Der Schiedsspruch ist bindend. Schiedsort soll Brüssel, Belgien sein.“

In Nummer 26 der Vereinbarung ist geregelt, dass der Vertrag belgischem Recht unterliegt und nach diesem ausgelegt werden muss.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es keine Brüsseler Schiedsregeln gibt. Die Antragstellerin ist deshalb der Auffassung, eine Auslegung der fraglichen Klausel auch nach belgischem Recht ergebe, dass die Parteien die Geltung der Schiedsregeln des ICC Paris gewollt hätten. Sie beruft sich zum Inhalt der maßgeblichen Auslegungsvorschriften des belgischen Rechts auf Stellungnahmen des Brüsseler Büros ihrer Verfahrensbevollmächtigten, die sie in Übersetzung vorgelegt hat. …

Die Antragstellerin beantragt, festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin nach den ICC-Regeln, Schiedsort Brüssel (Anspruch aus dem „International Career Service Agreement“ vom Oktober 2003) zulässig ist.

Die Antragsgegnerin beantragt, 1. den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen; 2. festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin nach den ICC-Regeln, Schiedsort Brüssel (Anspruch aus dem „International Career Service Agreement“ vom Oktober 2003) unzulässig ist.

Die Antragstellerin beantragt, den Antrag des Antragsgegners als unzulässig zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, eine Auslegung der Klausel ergebe nicht eindeutig, dass die Parteien die Schiedsordnung des ICC Paris vereinbaren wollten. Verbleibende Zweifel gingen aber zu Lasten der Antragstellerin, so dass nicht von einer wirksamen Schiedsvereinbarung auszugehen sei.

Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 2. 5. 2006, 10. 8. 2006, 19. 9. 2006 und 6. 10. 2006 sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 21. 7. 2006 und 6. 9. 2006, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens ist zulässig (§ 1032 Abs. 2 ZPO). Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1032 Abs. 2, 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO; die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in Hessen.

Der Antrag ist auch begründet. Die Parteien haben in Ziffer 16 des „International Career Service Agreement“ wirksam vereinbart, dass Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis in einem Schiedsverfahren nach den Regeln des ICC Paris auszutragen sind. Auch unter Zugrundelegung belgischen Rechts (Art. 4 Abs. 1, 27 Abs. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB), dessen Anwendung die Parteien in Ziffer 26 des Vertrages vereinbart haben, ist die fragliche Klausel in dem vorstehend genannten Sinn auszulegen.

Der Senat geht davon aus, dass die Auslegung von Vertragsklauseln, die Schiedsvereinbarungen zum Gegenstand haben, nach belgischem Recht in vergleichbarer Weise vorzunehmen ist, wie nach deutschem Recht. Nach § 293 ZPO hat das zur Anwendung ausländischen Rechts berufene deutsche Gericht die maßgeblichen Rechtsvorschriften des anderen Staates von Amts wegen zu ermitteln. Dabei steht es in seinem pflichtgemäßen Ermessen, wie es dieser Verpflichtung nachkommen will. Es ist insbesondere nicht gehindert, die Parteien insoweit zur Mitwirkung aufzufordern und von ihnen vorgelegte Auskünfte und Stellungnahmen zu verwerten. 

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Insoweit bedarf es nicht zwingend der Einholung eines Rechtsgutachtens, wenn die maßgeblichen Rechtsnormen und Rechtsgrundsätze auf andere Weise ermittelt werden können, insbesondere wenn sie von den Parteien dargelegt werden (vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 293 Rdnr. 15ff).

So liegt der Fall auch hier. Die Antragstellerin hat den Inhalt der für die Auslegung der fraglichen Klausel heranzuziehenden Rechtsvorschriften und die bei der Auslegung nach belgischem Recht zu berücksichtigenden Grundsätze vorgetragen. Den Inhalt dieser Regelungen hat die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt, sie wendet sich lediglich gegen das von der Antragstellerin auf dieser Grundlage vertretene Auslegungsergebnis.

Nach Artikel 1677 der belgischen Zivilprozessordnung ist eine Schiedsvereinbarung durch ein schriftliches, von den Parteien unterzeichnetes Instrument oder durch andere Dokumente, die für die Parteien verbindlich sind und ihre Absicht, ein Schiedsgericht anzurufen, widerspiegeln, zu errichten. In Rechtsprechung und Literatur in Belgien ist insoweit anerkannt, dass eine Schiedsklausel soweit wie möglich für wirksam erachtet werden soll, wenn der Wunsch der Parteien, Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, eindeutig festgestellt werden kann. Ist eine Schiedsklausel nicht eindeutig formuliert, richtet sich deren Auslegung nach den allgemeinen Vorschriften des belgischen Zivilgesetzbuches.

Nach Artikel 1156 soll das Gericht bei der Auslegung einer Klausel, deren Wortlaut nicht eindeutig ist, losgelöst von diesem die gemeinsame Absicht der Parteien (also deren wirklichen Willen) erforschen. Wenn eine Vertragsbestimmung mehrdeutig ist, sollte das Gericht sich eher für die Bedeutung entscheiden, die der Bestimmung Wirkung verleihen würde, als für die Bedeutung, bei der das nicht der Fall wäre (Art. 1157). Schließlich sollen mehrdeutige Begriffe so ausgelegt werden, wie es am besten passt und am ehesten mit der logischsten Bedeutung, dem Gegenstand und/oder den anderen Bestimmungen des Vertrages in Einklang zu bringen ist. Damit ist für die Frage der Wirksamkeit einer Schiedsklausel nach belgischem Recht vergleichbar deutschen Rechtsgrundsätzen zunächst zu prüfen, ob sie überhaupt wirksam vereinbart wurde und im Übrigen ausreichend klar und bestimmt ist, insbesondere die geltende Schiedsordnung und das Schiedsgericht bestimmbar sind (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 3 Rdnr. 1). Dabei ist durch Auslegung der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen, wobei der internationalen Praxis entsprechend unklare Abreden generell möglichst großzügig zugunsten der Wirksamkeit von Schiedsabreden auszulegen sind (vgl. KG, BB 2000, Beil. 8 S. 13). Nur wenn gleichwohl Zweifel verbleiben, gehen diese bei Vereinbarung einer Schiedsklausel in AGB auch nach belgischem Recht zu Lasten des Verwenders (Art. 1162 des belgischen Zivilgesetzbuches).

Unter Anwendung dieser Grundsätze war im vorliegenden Fall von der Wirksamkeit der Schiedsklausel mit dem von der Antragstellerin intendierten Inhalt auszugehen.

Dass die Klausel losgelöst von der Frage der Bestimmtheit wirksam zwischen den Parteien vereinbart wurde, steht außer Streit.Insoweit hat auch die Antragsgegnerin keine Einwände erhoben.

Die Parteien haben in Ziffer 16 der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung eindeutig zum Ausdruck gebracht, sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis in einem Schiedsverfahren klären zu wollen. Selbst wenn sie dabei nicht den genauen Wortlaut der Klausel gewählt haben, deren Verwendung die Internationale Handelskammer in Paris empfiehlt, lässt sich vorliegend gleichwohl der Wille der Parteien feststellen, vertragliche Streitigkeiten in einem Schiedsverfahren nach den Regeln der Internationalen Handelskammer Paris zu klären. Sie haben durch die verwendete Klausel kundgetan, eventuelle Streitigkeiten nach einer bestimmten Schiedsordnung vor einem Schiedsgericht auszutragen. Wenn die gewählte Formulierung eine solche Vorgehensweise aber ausschließt, weil es die von den Parteien bezeichnete Schiedsordnung nicht gibt, ist es geboten, im Wege der Auslegung nach einer Lösung zu suchen, die zumindest dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspricht. Mit der Formulierung „ICC“ haben sie eine im internationalen Handelsverkehr übliche Abkürzung für die Internationale Handelskammer mit Sitz in Paris (International Chamber of Commerce) gewählt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Parteien der Schiedsklausel einen anderen als den im grenzüberschreitenden Handel üblichen Inhalt beimessen wollten. Soweit die Antragsgegnerin verschiedene Institutionen bezeichnet, die mit der Abkürzung „ICC“ gemeint sein könnten, ist dies für die Auslegung nicht von Relevanz. Sie hat insoweit schon nicht konkret dargetan, dass sie bei Abschluss der Vereinbarung tatsächlich von der Zuständigkeit einer dieser Institutionen ausgegangen ist, die schon nach ihrem eigenen Vortrag keine Schiedsordnung herausgegeben haben und schiedsgerichtliche Verfahren im eigentlichen Sinne auch nicht durchführen, sondern beschränkt ihren Vortrag auf das Aufzählen denkbarer Auslegungsmöglichkeiten, ohne darzulegen, welche Vorstellung sie bei Abschluss des Vertrages hatte bzw. was nach ihrem Willen in Kenntnis der unzutreffenden Bezeichnung hätte gelten sollen. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in NJW 1983, 1267ff rechtfertigt im vorliegenden Fall keine der Antragsgegnerin günstige Bewertung der Rechtslage, da dieser Entscheidung ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Die Parteien hat dort eine Schiedsklausel vereinbart, nach der tatsächlich zwei ständige Schiedsgerichte in Betracht kamen, was vorliegend, wie dargelegt, nicht der Fall ist.

Unschädlich ist ferner, dass die Parteien als Schiedsort Brüssel angegeben haben. Dieser Teil der Klausel lässt sich nämlich unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des internationalen Handelsverkehrs und der Interessenlage der Parteien als Regelung über den Tagungsort verstehen, zumal der Internationale Schiedsgerichtshof den Ort der Durchführung des Schiedsverfahrens vorrangig nach den Festlegungen der Parteien bestimmt (vgl. Art. 12 der Vergleichs- und Schiedsgerichtsordnung der ICC).

Nach alldem war dem Begehren der Antragstellerin auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens stattzugeben; der auf die gegenteilige Feststellung gerichtete Antrag der Antragsgegnerin war hingegen schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen. Dieser von der anwaltlichen vertretenen Antragsgegnerin ausdrücklich gestellte Antrag konnte ausweislich seines Wortlautes und der Begründung nicht lediglich als Antrag auf Zurückweisung des Begehrens der Antragstellerin verstanden werden, sondern beinhaltet ein eigenständiges Rechtsschutzverlangen, zumal § 1032 Abs. 2 ZPO ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, die Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens feststellen zu lassen. Nach dem die Antragstellerin jedoch zuerst die Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens begehrt hat, besteht für die Antragsgegnerin kein rechtlich schützenswertes Interesse mehr, gleichzeitig genau das Gegenteil geltend zu machen. Denn bereits im Fall der rechtskräftigen Abweisung der positiven Feststellungsklage steht für die Parteien bindend fest, dass ein schiedsrichterliches Verfahren nicht zulässig ist (vgl. grundsätzlich zu der Wirkung eines die positive Feststellungsklage abweisenden Urteils: Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 322 Rdnr. 12).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes - vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55).

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A project of CENTRAL, University of Cologne.