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Ebenroth, Carsten Thomas, Code of Conduct, Konstanz 1987

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Ebenroth, Carsten Thomas, Code of Conduct, Konstanz 1987
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Content

Code of Conduct

[...]

Teil 5 Die Pflichten des Gastlandes gegenüber nationalen Unternehmen

[...]

§ 2 Enteignung und Entschädigung

[...]

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2. Verträge zwischen Gastland und privatem Investor

2.1. Die Funktion der Investitionsverträge

Die wachsende internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit erfordert rechtliche Mechanismen der Kooperation und Streitschlichtung, die in traditionellen rechtlichen Konzeptionen nicht vorfindlich sind159. Der Neoinstitutionalismus betont, daß viele Ressourcen nur dann einer optimalen Nutzung zugeführt werden können, wenn an ihnen klare und auf Dauer begründete Rechtspositionen begründet sind, bevor sie Transaktionen unterworfen werden160. Diese Aufgabe erfüllen in zunehmendem Maße die Investitionsverträge.

Inhalt und Zweck dieser Verträge ist es, den rechtlichen Rahmen für die Durchführung eines Investitionsvorhabens durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem ausländischen Investor und dem Gaststaat zu gestalten161. Vertrag und Gesetz ergänzen sich auf diese Weise wechselseitig162. Im vorliegenden Zusammenhang eröffnen die Investitionsverträge zum einen die Möglichkeit zu einer Präzisierung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Enteignung. Zum anderen gestatten sie es, die investitionsvertragliche Risikoabsicherung mit den nationalen Investitionsversicherungssystemen und der Multilateral Investment Guarantee Agency abzustimmen163. So schafft der Investitionsvertrag oftmals die Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit der Kapitalanlage164. Daneben kann die investitionsvertragliche Risikominimierung den versicherungsrechtlichen Schutz in den Fällen ergänzen bzw. ersetzen, in denen das spezifische Investitionsrisiko versicherungsrechtlich nicht oder nicht in dem gewünschten Umfang abgedeckt werden kann165.

Im Hinblick auf die Enteignungsfrage kann in den Investitionsverträgen insbesondere das Problem der »creeping expropriations« eine angemessene Lösung erfahren, indem die Vertragsparteien klarstellen, welche staatlichen Eingriffe in das Unternehmen als die Grenze, der eigentumsrechtlichen Sozialbindung überschreitend angesehen werden. Angesichts der Tatsache, daß das Enteignungsrecht zu den umstrittensten Gebieten des interna-

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tionalen Rechts zählt166, kommt dieser Funktion für den Eigentumsschutz des ausländischen Investors entscheidende Bedeutung zu167.

Dem Investor kommt bei den Vertragsverhandlungen mit dem Gaststaat zugute, daß für Direktinvestitionen ein wettbewerbsintensiver Markt besteht168. Wesentlich für das Verständnis dieses Marktes ist der untrennbare Zusammenhang zwischen Faktormarkt und Institutionenmarkt169. Der Gaststaat wird dem Investor demnach im Investitionsvertrag um so größere Zugeständnisse einräumen müssen, je weniger attraktiv seine natürliche Faktorausstattung ist. Daneben beeinflussen auch externe Investitionsbedingungen den Verhandlungsprozeß. Besondere Bedeutung kommt hierbei den nationalen Investitionsversicherungssystemen der Kapitalexportstaaten und der Multilateral Investment Guarantee Agency zu. Je weniger der Investor versicherungsrechtlich geschützt ist, um so stärker wird sein Interesse an einer investitionsvertraglichen Risikominimierung sein.

2.2. Die Stabilisierungsproblematik

Ebenso wie der Gaststaat das Schutzniveau des in seinem Territorium gelegenen Eigentums erhöhen kann, steht ihm auch die Möglichkeit zu, dieses zu einem späteren Zeitpunkt wieder herabzusetzen170. Die Effektivität des investitionsvertraglich eingeräumten Eigentumsschutzes und der damit verbundenen Risikominimierung hängt deshalb wesentlich davon ab, ob und inwieweit es gelingt, die Rechtsposition des ausländischen Investors gegen derartige spätere Eingriffe abzusichern. Hierbei kommen sowohl Eingriffe im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums als auch Enteignungen in Betracht.

Der Investor hat die Möglichkeit, das Transfergeschäft im Wege einer Stabilisierungsklausel171 gegen nachträgliche staatliche Eingriffe abzusichern. Er erhält auf diese Weise

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einen Rechtsanspruch auf Beibehaltung der gegenwärtigen Investitionsbedingungen172. Ein effektiver Bestandsschutz wird auf diese -Weise allerdings nur dann erreicht, wenn die -Stabilisierungsvereinbarung ficht der Rechtsordnung des Gasstaates unterfällt173. Andernfalls hätte der Gaststaat jederzeit die Möglichkeit, die Vertragsstabilisierung durch eine entsprechende Gesetzesänderung wieder zu Fall zu bringen174. Der Investor wäre insoweit auf einen Entschädigungsanspruch wegen Enteignung beschränkt, sofern die jeweilige Rechtsordnung dies für den konkreten Fall vorsieht. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch175 stünde ihm dagegen nicht zu, da der Gaststaat mit der Aufhebung der Stabilisierungsklausel gleichzeitig auch die Voraussetzungen für die Gewährung eines Schadensersatzanspruches vernichten könnte.

Die Möglichkeiten, den Investitionsvertrag von der Rechtsordnung des Gaststaates zu 853 lösen, sind äußerst vielgestaltig176. Insbesondere ist an eine Verweisung auf das Völkerrecht oder die allgemeinen, von den zivilisierten Staaten anerkannten Rechtsgrundsätze zu denken177. Wird die Stabilisierungsklausel z.B. dem Völkerrecht unterstellt, so findet auf die Vereinbarung der Grundsatz »pacta sunt servanda« Anwendung mit der Folge, daß sich der. Gaststaat schadensersatzpflichtig macht, wenn er gegen die Stabilisierungsklausel verstößt178. Dabei ist allerdings umstritten, worauf der Schadensersatzanspruch gerichtet ist179. Auch insoweit bedarf es deshalb einer klaren investitionsvertraglichen Regelung.

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Die Grenzen für die Zulässigkeit des staatlichen Verzichts auf seine Eingriffsrechte ergeben sich aus dem Grundsatz »clausula rebus sic stantibus«180 sowie aus dem Grundsatz; wonach ein Staat nicht auf Dauer auf die Ausübung seiner Hoheitsrechte verzichten kann181.

3. Investitionsschutz auf multilateraler Ebene

Im Gegensatz zu den bilateralen Investitionsschutzbestrebungen existieren auf multilateraler Ebene bisher nur ganz wenige vertragliche Regelungen zum Eigentumsschutz. Zu nennen sind das Weltbankübereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten182, der von der Weltbank vorgelegte Entwurf einer Konvention zur

159Vgl. Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 22.
160Vgl. Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 186.
161Vgl. aus der Praxis der Investitionsverträge die beiden Fallstudien »Bong-Eisenerzprojekt in Liberia« sowie »Bougainville-Kupferprojekt in Papua Neuguinea« bei Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 76 ff. (Beide Verträge sind abgedruckt auf S. 189 ff.).
162Vgl. Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 186.
163Vgl. hierzu auch die Ausführungen im Kapitel »Einleitung«, RdNr. 87ff.
164So macht etwa Art. 12 lit. d der MIGA-Konvention den Abschluß des Versicherungsvertrages davon abhängig, daß das Investitionsprojekt mit den einschlägigen Bestimmungen des Gastlandes und dessen Entwicklungszielen in Einklang steht; vgl. im einzelnen Annex X, S. 665.
165Nach der MIGA-Konvention sind insbesondere das Abwertungs- und Inflationsrisiko nicht versicherungsfähig; vgl. Art. 11 lit. b, abgedruckt als Annex X; S. 664: Siehe auch Art. i l lit. c sowie die Ausführungen im Kapitel »Einleitung«, RdNr. 42 ff., 87 ff.
166So bereits Banco Nacional de Cuba v. Sabbatino, 376 U.S.C. 398, 423 (1964): »There are few if any issues in international law today on which opinion seems to be so divided as the limitations on a state's power to expropriate the property of aliens.«
167Vgl. zum Inhalt und Zweck dieser Verträge auch die Ausführungen im Kapitel »Einleitung«, RdNr. 74 ff. sowie nachfolgend RdNr. 869 ff.
168Siehe hierzu Olle, Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen in Entwicklungsländern - empirische Trends zu Beginn der 80er Jahre, Außenwirtschaft 1984, 241 ff.
169Vgl. Schanze, Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 185.
170Schanze spricht insoweit vom »Geiselproblem« des Investors; vgl. ders., Investitionsverträge im internationalen Wirtschaftsrecht, 1986, S. 46 ff.
171Die internationale Schiedsgerichtspraxis hält derartige vertragliche Verpflichtungen eines Staates zum Verzicht auf nachträgliche gesetzliche Eingriffe in die Vereinbarung für einen bestimmten Zeitraum grundsätzlich für zulässig. Umstritten ist insoweit lediglich, welche Anforderungen an die Bestimmtheit der staatlichen Verzichtserklärung zu stellen sind. So hat die Mehrheit der Richter im Aminoil-Fall die dortige Stabilisierungsklausel in dem Sinne verstanden, daß sie allein eine konfiskatorische Nationalisierung ausschließe. Die Entscheidung steht damit im Gegensatz zum Texaco-Schiedsspruch, wo eine ähnliche Stabilisierungsklausel als allgemeiner Eingriffsverzicht ausgelegt wurde. Für den ausländischen Kapitalgeber .bedeutet dies, daß er auf einer Stabilisierungsklausel beharren muß, die keinen Raum für Interpretationen gibt, vgl. Kuwait v. American Independent Oil Co. (Aminoil, ILM 21 (1982 , 976; Texaco Overseas Petroleum Co. and California Asiatic Oil Co. v. Libyan Arab Republic, ILR 53 (1 79), 389; ILM 17 (1978), 1 ff. (Dupuy, Arb.). Siehe hierzu auch Mengel, Erhöhter völkerrechtlicher Schutz durch Stabilisierungsklauseln in Investitionsverträgen zwischen Drittstaaten und privaten Investoren?, RIW 1 83, 739 ff. (745); Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 1982, S. 28 ff.
172Vgl. Karl, Wirtschaftliche Bestimmungsgründe und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für den externen oder internen Ressourcentransfer aus d Sicht des Empfängerlandes, 1986, S. 153.
173Die Länder Lateinamerikas vertreten auf der Grundlage der Calvo-Doktrin die Auffassung, daß Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zwingend dem Heimatrecht des staatlichen Vertragsbeteiligten zu unterstellen sind; vgl. Asante, Stability of Contractual Relations in the Transnational Investment Process, Int'l & Comp.L.Q. 28 (1979), 401 f. (406)Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. II, 1983, S. 523 f.
174Vgl. Tesón, State Contracts and Oil Expropriations: The Aminoil-Kuwait Arbitration, Va.J.Int'l L. 24 (1984), 323 ff. (339 f.); Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 1975, S. 49 f.
175Die Vorteile des Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Entschädigungsanspruch bestehen darin, daß ersterer grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtet ist. und auch den entgangenen Gewinn umfaßt.
176Vgl. Böckstiegel, Die Bestimmung es anwendbaren Rechts in der Praxis internationaler Schiedsgerichtsverfahren, in: Festschrift für Beitzke, 979, S. 443 ff. (449); ders., Der ,Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 1971, S. 105 ff.
177Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 1971, S. 76 ff.; Kipp,. Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, BerGesVR 5 (1964), 133 ff.; Zweigert, Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, BerGesVR 5 (1964), .194 ff.; Mann, The Theoretical Approach Towards the Law Governing Contracts Between States And Private Persons, Rev.belg.dr.int'111 (1975), 562 ff.; Seidl-Hohenveldem, The Theory of Quasi-International And Partly International Agreements, Rev.belg. dr.int'1 11 (1975), 567 ff.
178Vgl. Texaco Overseas Petroleum C . and California Asiatic Oil Co. v. Libyan Arab Republic, ILM 17 (1978), 1 ff. (71).
179Diese. Frage ist sowohl in terminologischer als auch in sachlicher Hinsicht umstritten: So wird der Schadensersatzanspruch teilweise auch als Entschädigungsanspruch bezeichnet (vgl. International Law Association, Paper of the German Branch Commitee for the Belgrade Meeting April 1985, S. 3 ff.). In sachlicher Hinsicht besteht darüber Streit, worauf der Entschädigungs- bzw. Schadensersatzanspruch gerichtet ist. Einig ist man sich insoweit lediglich, daß der Enteignete im Falle einer rechtswidrigen Enteignung (hier: wegen Verstoßes gegen die Stabilisierungsklausel) besser zu stellen ist als bei einem rechtmäßigen Eigentumsentzug. Teilweise wird dem Enteigneten »restitutio ad integrum« zuerkannt (so Schiedsrichter Dupuy in Texaco Overseas Petroleum Co. and California Asiatic Oil Co v. Libyan Arab Republic, ILM 17 (1978), 1 ff.). Die herrschende Meinung gewährt dem Enteigneten dagegen lediglich einen Geldersatzanspruch, wobei umstritten ist, inwieweit auch der entgangene Gewinn zu ersetze ist (für vollen Ersatz: International Law Association, Paper of the German Branch Committee for the Belgrade Meeting April 1985, S. 3 ff.; mit Einschränkungen je nach den Umständen des Einzelfalls: Schiedsrichter Mahmassani, in Libyan American Oil Co. (Liamco) v. Libyan Arab Republic, ILM 20 (1981), 1 ff.; Schiedsrichter Reuter, Sultan, Fitzmaurice in: Kuwait v. American Independent Oil Co. (Aminoil), ILM 21 (1982) 976.
180Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 1971, S. 330 ff.; vgl. auch Art. 62 der Wiener Konferenz 1969, wonach ein Eingriff nur bei einem »fundamental change of circumstances« zulässig ist. Im Wortlaut: »l. A fundamental change of circumstances which has occured with regard to those existing at the time of the conclusion of a treaty, and which was not foreseen by the parties, may not be invoked as a ground for terminating or withdrawing from the treaty unless: a) the existence of those circumstances constituted an essential Basis of the consent of the parties to be bound by the treaty. 2. A fundamental change of circumstances may not be invoked as a ground for terminating or withdrawing from a treaty: a) if the treaty establishes a boundary; or b) if the fundamental change is the result of a breach by the party invoking it either of an Obligation owed to any other Party to the treaty. 3. If, under the foregoing paragraphs, a Party may invoke a fundamental change of circumstances as a ground for terminating or withdrawing from a treaty it may also invoke the change as a ground for suspending the Operation of the treaty. «
181Dabei ist fraglich, welche Höchstdauer für den staatlichen Eingriffsverzicht gilt. Im Aminoil-Schiedsverfahren blieb eine Vertragsdauer von 60 Jahren unbeanstandet, vgl. Kuwait v. American Independent Oil Co. (Aminoil), ILM 21 (1982), 976 (Reuter, Sultan, Fitzmaurice, Arb.). Siehe hierzu auch: Hiefner, Völkerrechtliche Grenzen hinsichtlich der Vertragsfreiheit bei bierträger zwischen Staaten und. ausländischen Privatpersonen?, 1984, passim.
182Siehe hierzu die Ausführungen im Kapitel »Einleitung«, RdNr. 37.

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